Zum dritten Mal seit 2005 hat die Plattform proHolz Austria Wiener Architektur in Holz ausgezeichnet. Aus 56 eingereichten Projekten wurden vier Preisträger, ein Sonderpreis und sechs Auszeichnungen gekürt. Zwei Preisträger (Wohnbau Paulasgasse und Kindergarten Pötzleindsdorf) haben wir in der letzten Ausgabe kurz vorgestellt. Dem Preisträger in der Kategorie öffentliche Bauten widmen wir uns nun näher.
Bibliotheks- und Seminargebäude
Das 2020 fertiggestellte Bibliotheks- und Seminargebäude der Universität für Bodenkultur (BOKU) ist der erste Holzbau einer Wiener Hochschule. Den von der BOKU 2017 ausgelobten Realisierungswettbewerb hatten die Generalplaner von Delta gemeinsam mit Swap Architekten gewonnen. Gewürdigt wurden die wirtschaftliche Konstruktion, die ein hohes Maß an Flexibilität gewährleistet, sowie das Erscheinungsbild, das ein zeitgemäßes Holzbau-Statement abgibt, das den notwendigen Akzent im heterogenen städtebaulichen Umfeld setzt, ohne dabei zukünftige Entwicklungsszenarien zu blockieren.
Der viergeschoßige kompakte Holzskelettbau mit einem Holzanteil von 78 Prozent ist so auf einem massiven Stahlbetonsockelgeschoß situiert, dass durch den Sockel ein angehobener Platz geschaffen wird, auf dem der Holzbau in der nördlichen Gebäudeflucht des Schwackhöfer-Hauses sitzt und östlich davon ansprechende Freiflächen aufgespannt werden. Gleichzeitig ist südwestlich eine angemessene Eingangssituation ausformuliert. Über eine Rampe und eine Stiege ist der Zugang von der Peter-Jordan-Straße her großzügig angelegt.
Holzskelett
Die Stützen sind aus Fichten-Brettschichtholz gefertigt, die Wände aus Brettsperrholz. Die Differenzierung der Deckenkonstruktionen (Holzrippendecke im Erd- und Obergeschoß und Schichtholzdecken in den darüber liegenden Regelgeschoßen) lässt eine der Nutzung entsprechende Atmosphäre entstehen. Die skelettartige Konstruktion umfängt einen aussteifenden Betonkern mit verschränkten Treppen. In den ersten beiden Geschoßen sind die Seminarräume und die Bibliothek untergebracht, in den beiden oberen Geschoßen kleinteiligere Institutsräume. Die Rasterung der Fassade wird im Innenraum der Eingangsebene und der Bibliothek in der Deckenkonstruktion fortgeführt. So wird die Tragstruktur zum Gestaltungselement. Die Materialsichtigkeit der Tragstruktur findet auch in der offen geführten Haustechnik ihre Entsprechung, die sinnliche Präsenz des Holzes schafft eine freundliche Lern- und Arbeitsumgebung.
Die vollflächige Verglasung zwischen den Stützen lässt Innen- und Außenraum zu einem Ganzen verschmelzen. Durch das Öffnen einzelner Elemente kann je nach Jahreszeit auch der angehobene Platz als Terrasse oder als Treffpunkt genutzt werden. Umlaufende Parapete fungieren als Sitzbänke, die Blicke ins üppige Grün erlauben. Das Erscheinungsbild ist von der Holzkonstruktion geprägt, auch die Fassadenoberflächen sind unbehandelt. Abgesehen vom zum Teil erdberührten Sockelgeschoß und dem Stiegenhaus ist das gesamte Gebäude aus vorgefertigten Holzelementen konstruiert.