Asphalt, Beton & Co. mögen praktischer sein, aber so richtig schön ist eine Fläche im Außenraum nur mit natürlichen Pflastersteinen. Das Spiel mit Format, Farbe und Fuge bietet endlose Kombinationsmöglichkeiten. Vor allem Granit und andere Hartgesteine stehen hoch in der Gunst der Planer und Gestalter. Neben der optischen Vielfalt stellen die Natursteine die industriell erzeugte Konkurrenz auch ökologisch in den Schatten. Trümpfe dabei sind die mustergültige Energiebilanz und kurze Transportwege von der Abbaustelle bis zur Baustelle.
Weil Steine schwer sind, waren kurze Lieferwege schon zu den Anfangszeiten des jüngeren Wiener Straßenbaus oberstes Gebot. Weit mussten die Straßenplaner Anfang des 19. Jahrhunderts nicht nach geeignetem Material suchen. Reiche Vorkommen an zähen und harten Steinen schenkte ihnen Mutter Natur vielerorts, vor allem im Mühlviertel. Dort ließen sie die Beläge für die europaweit bewunderten Straßen und Plätze hauen: Quadratische 12-Zoll-Platten, Bischofsmützen als Übergang vom diagonal verlegten Pflaster zum Randstein, längliche Binderwürfel und auch spezielle Formate wie die Geritzten – sogenanntes Pferdepflaster mit Nut, die den Hufen Halt gab.
Besonders gebräuchlich waren die Steinwürfel mit sieben Zoll Kantenlänge. Ins metrische System umgerechnet sind das 18,5 Zentimeter. Ein alter Wiener Zoll misst 2,643 Zentimeter, erklärt Wolfgang Ablinger, darauf baute das gesamte System auf. Der Leiter der Baugruppe Nord der Magistratsabteilung 28 – Straßenverwaltung und Straßenbau – kennt die neuen und die alten Pflasterformate der Stadt Wien in- und auswendig. Anschauungsmaterial gibt es im ganzen Stadtgebiet nicht nur in eingebautem Zustand, denn Pflaster- und Randsteine werden bei einer Aufgrabung nicht entsorgt, sondern auf Lagerplätze der MA 28 transportiert. Was sich für eine Wiederverwendung eignet, wird fein säuberlich nach Sorten und Formaten getrennt gelagert und der Bestand sorgfältig dokumentiert. Bei der Planung neuer Projekte zeigt Wolfgang Ablinger ein Blick ins Archiv, ob und wie viel Material vorrätig ist.