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Wie viel lässt sich einsparen?

© Alexandra Kromus / PID
Im Energieeffizienzgesetz wurde für öffentliche Gebäude erstmals eine verbindliche Sanierungsquote von 3 Prozent festgeschrieben.
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Das neue Energieeffizienzgesetz zwingt Gebäudebetreiber zum Umdenken: Intelligente Gebäudetechnik stellt dabei einen Schlüssel für die Dekarbonisierung des Gebäudebereichs dar.

von: Rudolf Preyer

Nach mehr als zwei Jahren Verhandlung hat sich die Bundesregierung zwei Tage vor Weihnachten 2022 doch noch auf ein Energieeffizienzgesetz geeinigt: Die verbindlichen Vorgaben zum Energiesparen haben weitreichende Folgen, so muss Österreich bis 2030 ein Fünftel (konkret: 18 Prozent) weniger Energie verbrauchen. Ein Fünftel. Ein ehrgeiziges Ziel. Statt 310 Terawattstunden (TWh) soll der Verbrauch in den nächsten sieben Jahren auf 255 TWh sinken. Mit dem Gesetz war Österreich freilich so lange säumig, dass die EU sogar ein Vertrags­verletzungsverfahren startete.
Die Einsparungen sollen über sogenannte „strategische Maßnahmen“ erzielt werden, das sind beispielsweise Regulierungen oder Förderungen des Bundes und der Länder. 190 Millionen Euro sind bis 2030 pro Jahr gesetzlich vorgesehen, um Energiesparmaßnahmen in Haushalten und Unter­nehmen zu fördern. Dazu zählt etwa auch eine Sanierungsoffensive. Für Bundesgebäude wurde erstmals eine verbindliche Sanierungsquote von drei Prozent festgeschrieben: Ämter, Polizeistationen oder Schulen sollen also rascher saniert werden. Große Unternehmen werden überdies verpflichtet, alle vier Jahre ein Energieaudit durchzuführen. Und Energielieferanten müssen künftig Beratungsstellen für ihre Haushaltskunden einrichten – mit dem Ziel, diese beim Energiesparen zu unterstützen.
Die Länder könnten in der Bauordnung Standards zum energieeffizienteren Bauen festschreiben, so Energieministerin Leonore Gewessler in der Pressekonferenz zur Gesetzes­einführung, Sanktionen bei Nicht­erreichen der Einsparziele seien jedenfalls nicht vorgesehen.
 

Wo gespart werden kann
Österreich verfolgt offiziell eine Langfrist­strategie bis zum Jahr 2050. Bis zur Hälfte des Jahrhunderts möchten wir „klima­neutral“ sein. Auf dem Weg dorthin sollten im Gebäudebereich bis 2030 rund drei Millio­nen Tonnen CO2-Äquivalente (gegenüber 2016) eingespart werden. Im Langfristziel ist dieser Sektor dann möglichst vollständig „dekarbonisiert“.
Stand der letzten Statistik Austria-­Zählung stehen in Österreich an die 2,3 Millionen Gebäude (mit insgesamt ca. 4,5 Millionen Wohnungen). Mehr als drei Viertel dieser Bestandsgebäude wurden vor 1990 errichtet und dürfen laut der natio­nalen Statistikbehörde zu gut 60 Prozent – aus energetischer Sicht – als sanierungsbedürftig betrachtet werden. Der dazugehörige Energiebedarf hat es in sich: Raumwärme und Klimatisierung umfassten im Vorjahr rund 26 Prozent des gesamten Endenergiebedarfs hierzulande. Effizienzfortschritte sind daher gerade in diesen Be­reichen von zentraler Bedeutung.
Laut Austrian Institute of Technology (AIT), das CO2-Einsparungspotenziale in den Sektoren Einfamilienhaus sowie mehrgeschoßiger Wohnbau in Österreich analysiert hat, ergeben sich die größten Ein­sparungsmöglichkeiten im Bereich der Heizung: Eine effiziente Regelung in Kombination mit einer ganzheitlichen Gebäudeautomation könne, so das AIT, bei einer Sanierungsrate von fünf Prozent ein Ein­sparungspotenzial heben, das dem CO2-­Ausstoß von mehr als 16.000 diesel­betriebenen Autos entspricht.
Zu den zusätzlichen aktiven Maßnahmen zur Effizienzsteigerung von Gebäuden gehören etwa auch eine intelligente Regeltechnik (insbesondere in der Trinkwasser­erwärmung), smarte Beleuchtung, sowie verbessertes Haus- und Gebäudemanagement. „Richtig gesteuerte“ Wärmepumpen sparen per se zwei Drittel Energie ein, so Richard Freimüller, Verbandspräsident Wärmepumpe Austria. Und Elisabeth Berger von der Vereinigung Österreichischer Kessellieferanten (VÖK) ergänzt, dass Brennwertkessel im Vergleich zu herkömmlichen bis zu 30 Prozent weniger Energie verbrauchen – bei Wärmepumpen mache es eben einen Unterschied, ob die Arbeitszahl 2 oder 5 sei. Roger Hackstock (Geschäfts­führer Austria Solar) wiederum erklärt, dass sich der Heizbedarf – und damit der CO2-Ausstoß – mit einer intelligenten Steuerung der Heizung um mindestens 20 Prozent senken ließe.

Gesellschaftliche Verhaltensweisen
Christoph Kost ist Head of Energy Economics des renommierten Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE). Jüngst legte seine Gruppe dieses in Freiburg be­heimateten Instituts die Studie „Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem“ vor. Vom Architekturjournal Wettbewerbe auf die Relevanz für die heimische Energie- bzw. Immobilienwirtschaft angesprochen, meinte der Energiesystem-Analyst, dass die speziellen Ergebnisse zwar nicht auf Österreich umlegbar seien, „die großflächigen Schlussfolgerungen aber natürlich schon“.
Im Folgenden seien also die zentralen Erkenntnisse im Kontext gesellschaftlicher Verhaltensweisen angeführt. Diverse Situationen wurden „durchgespielt“, der Merksatz dazu lautet: „In allen Szenarien spielt die direkte Elektrifizierung über Elektrodenkessel und industrielle Wärmepumpen die wichtigste Rolle in der Transformation.“
Während die auf Strom basierenden Technologien heute noch einen gemeinsamen Anteil von unter 30 Prozent haben, werde dieser bis 2045 auf 69 bis 80 Prozent steigen. Dagegen stellen die gasbetriebenen Technologien Gaskessel und Kraft-Wärme-­Koppelung via Gas und Dampf in allen Szena­rien einen rückläufigen Anteil, der von heute knapp 60 Prozent auf unter 5 Prozent fallen werde. Klar sei, so Kost zusammenfassend: Emissionen des Ge­bäudesektors entstehen vor allem in fossil betriebenen Heizsystemen.

So werden wir einheizen
Günter Simader ist Energieexperte der Öster­reichischen Energieagentur. Er sagt gegenüber diesem Magazin: „Mit dem Ziel, den gesamten Endenergieverbrauch auf 920 Petajoule (PJ) im Jahr 2030 zu begrenzen, trägt das Energieeffizienz-Reformgesetz zentral dazu bei, die Klimaneutralität Österreichs bis 2040 zu erreichen.“ Zentrale Maßnahmen seien dabei die Wohnbauförderungen der Länder und die Sanierungsoffensive des Bundes.
Beispielhaft könne angeführt werden, dass durch die Sanierung eines mehrgeschoßigen Wohnbaus aus den 1960er- bis 1980er-Jahren der Endenergiebedarf um „60 bis 70 Prozent“ gesenkt werden könne. Das Erneuerbaren-Wärmegesetz hingegen habe das Ziel, „die fossilen Heizsysteme in den Gebäuden durch klimafreundliche Alterna­tiven zu ersetzen“, so Simader von der Austrian Energy Agency. Dabei stehen Nah- bzw. Fernwärmeanschlüsse (mit erneuerbaren Energieträgern), Wärmepumpensysteme bzw. biogene Heizungssysteme im Vordergrund. Insgesamt seien bis zum Jahr 2040 rund 520.000 Ölheizungen, 1,25 Millionen Gasheizungen und ca. 11.000 Kohleheizungen zu ersetzen.

GLT: So ticken Gebäude
Margot Grim-Schlink ist Vorstandsmitglied der IG Lebenszyklus Bau. Sie weist darauf hin, dass ab Jänner 2025 alle Nichtwohn­gebäude mit mehr als 290 kW Heizleistung über eine Gebäudeautomation verfügen müssen. Die Stromverbrauchsanalyse mit Daten des Hauptzählers verrate schon, wie ein Gebäude ticke. Durch die bildhafte Aufbereitung der 15-Minuten-Werte bei Strom (kostenfrei für alle Gebäude ab 100.000 kWh und größer 50kW) und Stundenwerte von Wärme (sofern vorhanden) könnten wesentliche Erkenntnisse gezogen werden, so Grim-Schlink. Diese können beispielhaft sein: Was passiert in Zeiten, in denen eigent­lich wenig Verbrauch sein sollte? Wann wurden Maßnahmen gesetzt, die ggf. den Energieverbrauch erhöht haben und vergessen wurden, rückgängig zu machen? Laufen Anlagen unbemerkt, wie beispielsweise Enteisungsanlagen im Sommer, Kühlbetrieb im Winter, Lüftungsanlagen an den Wochenenden? Auch in der Gebäude­leittechnik (GLT) können Einstellungen wie Zeitprogramme, Heiz- und Kühlkurven, Lüftungsvolumina etc. nachvollzogen werden.
Auf Basis dieser Herangehensweise können Effizienzpotenziale aufgezeigt werden, so die Energieexpertin abschließend. Meist seien dabei schon „wesentliche Einsparungen ohne große Investition möglich, jedoch werden auch wirtschaftliche investive Maßnahmen dabei entdeckt“. Diese Analysen ergeben einfach Sinn, weil man dann besser weiß, wie das Gebäude tickt und sich die vorgeschlagenen Maßnahmen in wenigen Monaten (auch ohne die derzeitigen Energiepreissteigerungen) rechnen: Denn auch wenn ein Gebäude seit Jahren gut läuft, heißt es noch lange nicht, dass der Betrieb effizient ist. 

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