370 Naturstein

Was Stein alles kann

© Alle Fotos: Richard Watzke
Harmonisch: Bodenbelag und gemauerter Kaminsockel aus einem burgenländischen Chloritschiefer.
© Alle Fotos: Richard Watzke

Naturstein ist das Multitalent unter den natürlichen Baustoffen. Vom robusten Bodenbelag für viele Generationen bis zu feinsten Intarsien und glitzernden Wandbekleidungen reicht das Spektrum. Entscheidend für jedes Projekt sind die sorgfältige Materialauswahl und Dimensionierung der Werkstücke im Einklang mit den technischen und optischen Anforderungen.

von: Richard Watzke

Über Mutter Natur kann man immer wieder aufs Neue staunen. Welche Vielfalt sie aus wenigen Zutaten zaubert, ist überwältigend, dabei sind es doch im Falle von Granit als eine der bekanntesten Natursteinarten nur drei Hauptbestandteile: „Feldspat, Quarz und Glimmer, die drei vergess’ ich nimmer“, lernen angehende Steinmetze seit Generationen.

Gut abgelagert über Jahrmillionen und ergänzt durch ein paar Mineralien als Farbgeber, schon steht ein widerstandsfähiger Werkstoff zur Verfügung, der es in Sachen Nachhaltigkeit mit jedem anderen Baustoff locker aufnimmt. Was für Granit und vergleichbare andere Tiefengesteine, sogenannte Plutonite, gilt, trifft auch zu für die beiden großen Gesteinsgruppen der Ablagerungs- und Umwandlungsgesteine, also der Sedimente und Metamorphite. Bekannte Vertreter sind Sand­steine, Kalksteine und Schiefer, in diese Gruppe gehören aber auch Travertin und Konglomerate.

Bekanntester Vertreter der dritten Gruppe, die durch Umwandlung bestehender Gesteine entstand, ist zweifellos Marmor, gefolgt vom ebenfalls im Bausektor weit verbreiteten Quarzit. Während Kalkstein zu Marmor umgewandelt wurde, war Sandstein das Ausgangsmaterial für Quarzit.

Frage von Druck und Zeit

Entscheidend für den Charakter eines jeden Steins ist seine Entstehungsgeschichte. Die Menge und Dauer an Hitze und Druck, aber auch die Zeit und Ruhe, die das neu entstandene Gestein zum Abkühlen und Auskristallisieren hat, bestimmen das spätere Aussehen und die Bearbeitbarkeit. Geschichtete Steine wie Schiefer und Quarzit beispielsweise sind leicht in einer Richtung spaltbar.

Kalksteine und andere Weichgesteine lassen sich leicht handwerklich und maschinell bearbeiten, Marmor zeigt mit bloßem Auge erkennbare Kristalle, die einzelne Sorten bis zu einer Plattenstärke von zwei Zentimetern transluzent machen. Die Aufzählung lässt sich beliebig fortführen. Zugleich aber beeinflussen ­diese individuellen Eigenschaften auch die Eignung des jeweiligen Materials. Calciumcarbonat als Grundstoff von Kalkstein und Marmor beispielsweise ist säureempfindlich, eine Politur wird beim Einsatz scharfer Reiniger angegriffen.

Travertin ist vergleichsweise weich, aber gerade wegen seines hohen Porenanteils unempfindlich gegenüber Frost, da Wasser aus dem Gesteinsgefüge rasch abtrocknet und Frostsprengungen im Stein vermieden werden. Was bei ­einem privaten Poolbereich also willkommen ist, würde in einem stark frequentierten Freibad kaum funktionieren. Der dort übliche starke Abrieb setzt dem Sedimentgestein zu und führt zu einer raschen Verschmutzung der Poren.

Frostbeständige, dichte Kalksteine hingegen sind pflegeleicht und eignen sich für öffentlich zugängliche Flächen. Sollen stark beanspruchte Flächen zusätzlich noch schwerlasttauglich sein, empfehlen sich Granite, beispielsweise aus dem Mühl- und Waldviertel, die im Vergleich zu den großen Transportdistanzen mancher Indus­triebaustoffe geradezu vor der Haustür liegen. 

Original bleibt original

Stein auf seine technischen Eigenschaften zu reduzieren wird dem faszinierenden Naturbaustoff nicht gerecht. Neben Kennzahlen wie Rohdichte und Abriebfestigkeit sind es vor allem die optischen Vorzüge, die ihn aus dem Reigen der Bau­stoffe hervorheben. Niemand wird ein Bad aus Carrara-­Marmor in Auftrag geben, weil es sich beim Rohmaterial um ein kristallines, polierfähiges Umwandlungsgestein handelt. Vielmehr geben das Image und die unverwechselbare ­Anmutung des seit der Antike bekannten und begehrten ­Materials den Ausschlag.

Was für Michelangelos ­David gut war, eignete sich in der Belle Époque bestens als Werkstoff für opulente Bäder der oberen Zehntausend – oder für alle, die gerne dazugehört hätten. Dank wirtschaftlicher Abbaumethoden und leistungsfähiger Maschinen in der Weiterverarbeitung ist ein Bad aus Naturstein schon lange kein Luxus mehr. 

Die hohe Verfügbarkeit mindert das hohe Image von echtem Stein keineswegs, im Gegenteil. Unzählige Imitate bekannter Steinsorten aus sogenanntem Quarz-Komposit oder Keramik zeigen, wie beliebt die natürliche Steintextur ist. So raffiniert die Produktionsmethoden mittlerweile auch sein mögen, ein Kunststein wird niemals die unverwechselbare Anmutung und optische Tiefe von echtem Naturstein bekommen. 

Das Spiel mit der Form

Wenn das Londoner Büro ConForm Architects ein bestehendes Reihenhaus mit roter Klin­kerfassade durch einen vollständig in weißen Carrara-­Marmor gehüllten, monolithisch wirkenden Anbau zur Terrasse hin erweitert und das an einen Tempeleingang gemahnende Projekt dann noch Achilles nennt, wird deutlich, dass Naturstein für Architekten und Designer kein herkömmlicher Baustoff ist und stets mit einer Botschaft an die Betrachter einherkommt.

Lesen Sie den ungekürzten Artikel ab Seite 84 der aktuellen Ausgabe 370-5/2023 oder am Austria Kiosk!


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