Die Arbeitswelt war ohnehin schon immer ein Bereich der Einrichtungsszene, der ständig in Bewegung war. Durch die Pandemie ist noch mehr Dynamik hinzugekommen, und es passiert eigentlich das einzig Richtige: Man nützt die neuen Chancen und greift einfach bei jenen Entwicklungen vor, die ohnehin gekommen wären. Wie es einzelne internationale Unternehmen bereits schon seit vielen Jahren vorgelebt haben – mit meist auch internationalen Mitarbeitern, die oft nur wenige Tage an einem Standort sind und ohne persönlichen Schreibtisch tätig sind –, so ziehen jetzt viele nach. Das bedingt natürlich eine gute Vorbereitung mit Analysen und Strategien, wer wie, wo und wann vor Ort und von zu Hause arbeitet. Das Homeoffice ist damit endgültig salonfähig geworden und wird in Zukunft für mehr Abwechslungsreichtum beim Arbeiten sorgen. Synchron mit den digitalen Möglichkeiten steigt auch die Varianz der Arbeitsszenarien. Aufgaben können überall erfüllt werden, die Art der Zusammenarbeit ändert sich fundamental.
Zeit der Hybride
All das hat weitreichende Konsequenzen, denn nicht nur Arbeitgeber müssen umdenken, sondern auch Architekten und Planungsbüros, die sich auf Gewerbeund Büroflächen spezialisiert haben. Manches wird gleichbleiben: Meetings, die persönliche Anwesenheit erfordern, kreative Prozesse wie Thinktanks, deren analoge Qualität nicht durch Onlinetreffen ersetzt werden können, und das menschliche Bedürfnis nach sozialen Kontakten für den Austausch, das Pausengespräch und den individuellen Input durch den Flurfunk.
Einen wunderbaren Beitrag zum Erhalt dieser zwischenmenschlichen Strukturen leistet Architektin und Designerin Nina Mair mit ihrem Team. Sie gestaltete in einem Büroturm in der Innsbrucker Innenstadt einen einladenden, lichtdurchfluteten Mitarbeiterbereich für ein Dienstleistungsunternehmen mit 30 Mitarbeitern neu. Hier finden sich attraktive Rückzugszonen sowie Bereiche für Kommunikation und Teamwork – ein kleiner Mikrokosmos mit akustisch wirksamen Trennwänden und einem Ambiente, das mehr einem Wohn- oder Restaurantambiente ähnelt als einem Büro. „In den letzten Monaten sind die Menschen mit dem Schreibtisch in die digitale Welt abgewandert. Echte Gemeinschaft findet im Homeoffice kaum statt. Die Menschen sehnen sich jedoch danach, auch im beruflichen Kontext. Die Bedeutung von Gemeinschaftsflächen im Büro wird daher zunehmen“, analysiert Nina Mair die aktuelle Situation. Der Aufenthaltsbereich soll den Mitarbeitern sowohl als Treffpunkt und als Ort der Kommunikation als auch als Rückzugsbereich dienen. Aus diesem Grund wurde ein akustisches Konzept entwickelt, das einerseits die Nachhallzeit im Raum reduziert, andererseits auch die unterschiedlichen Bereiche voneinander abschirmt. Ein Loungebereich mit Highback-Sofa und Lounge-Sesseln sorgt für die Möglichkeit, sich zu entspannen oder informelle Besprechungen abzuhalten. In der Mitte des Raums befindet sich der Essbereich, an dem das mitgebrachte oder selbst gekochte Essen konsumiert werden kann. Ebenfalls für dieses Projekt entworfen wurden die Tische, die mit Linoleum bespannt sind. Die Größe wurde so gewählt, dass sie solitär zwei bis vier Personen Platz bieten oder zu einer großen Tafel zusammengestellt werden können. So kann der Raum ganz nach Bedarf genützt werden. Eine kleine Koje, ausgestattet mit einem zeitgenössischen Ohrenbackensessel, bietet den Benützern die Möglichkeit, ein Privatgespräch am Mobiltelefon zu führen oder aber einfach auch nur die Beine auszustrecken und den Blick auf das Bergpanorama zu genießen. „Wir brauchen Räume, welche die Interaktion zwischen den Menschen fördern, um das Wohlbefinden zu erhöhen. In liebevoll gestalteten Details soll die Wertschätzung den Mitarbeitern gegenüber zum Ausdruck kommen“, so Mairs Entwurfsphilosophie.