Wenn ein Architekt im Laufe seines Berufslebens ganze 32 Mal mit seinen Wettbewerbsprojekten in diesem Magazin publiziert wurde, ist das eine Bilanz, auf die der Architekt stolz sein kann. Und wenn er ein Buch über sein Lebenswerk herausgibt, ist das umso mehr ein Grund, dieses Buch hier vorzustellen. Otto Häuselmayer ist seit 1976 freischaffender Architekt. In dieser Zeit hat er unter anderem 1.500 Wohnungen, vier Sakralbauten, eine Brücke gebaut. Nicht zu vergessen ist der „Schutzbau über das Hanghaus 2” in Ephesos. Damit wurde die österreichische Grabungsstätte in der Türkei zu einem archäologischen Museum. Friedrich Achleitner, der Doyen der österreichischen Architekturpublizistik, schreibt über die in Zusammenarbeit mit dem Statiker Wolfdietrich Ziesel entwickelte Konstruktion: „Es spricht für den Bau, dass er trotz seiner ästhetischen Präsenz in seiner auch Aufmerksamkeit erregenden Art, sozusagen fast täglich, ja stündlich in einer anderen Verfassung angetroffen werden kann. Es gibt vermutlich wenige Hallen, die so sensibel auf verändere Licht- und Witterungsverhältnisse reagieren, ohne dabei ihre klimatisch ausgleichende Wirkung zu verlieren. Was sich lapidar Hanghausüberdachung nennt, ist in Wirklichkeit ein konstruktiv, material- und klimatechnisch, bauphysikalisch, aber auch städtebaulich äußerst komplexes Gebäude, bei dem alle Leistungsbereiche letztendlich in die visuelle Präsenz eingreifen.“
Oder seine zahlreichen städtebaulichen Entwicklungsprojekte, etwa am Areal des ehemaligen Bahnhofes Jedlesee in Floridsdorf, am Donaufeld Wien, am Areal der ehemaligen Schmidtstahlwerke in Favoriten oder am Wienerberg. Diesen 1980 von der Stadt Wien ausgelobten städtebaulichen Ideenwettbewerb gewann Häuselmayer mit einem Entwurf, dessen Grundgedanke die Schaffung einer klaren, alle Planungsbereiche verbindenden Grundstruktur war, innerhalb der sich je nach Vorgabe architektonischer Themen verschiedene Bauvolumina im richtigen Verhältnis zum Außenraum umsetzen ließen. 35 Architekturbüros realisierten auf Basis dieses städtebaulichen Konzepts Wohnbauten mit einer maximalen Bauhöhe von drei bis fünf Geschoßen. Die spätere Wienerberg City mit ihren Hochhäusern sieht Häuselmayer kritisch: Während der Norden Wiens mit seinem weiten Horizont eine höhere Bebauung zulasse, sei dies im Süden, am Wienerberg, nicht der Fall, ist der Architekt überzeugt. „Jede Planungsaufgabe ist eine Fortsetzung der geschichtlichen Prägung des Planungsraumes, die erfasst und analysiert werden sollen“, so der Architekt über die Bausteine seiner Planungen.
Zu einem Fiasko infolge politischer Ränkespiele wurde Häuselmayers Plan für ein Musiktheater in Linz. Nach dem Gewinn eines EU-weiten Wettbewerbs im Jahr 1999 wurde das bereits genehmigte und baureife Projekt nach einer Volksbefragung im Jahr 2000 sowie einer Standortverlegung 2001 im Linzer Gemeinderat abgelehnt. Vier Jahre Planungsarbeit und – so schätzt Häuselmayer – 25 bis 30 Millionen Euro wanderten damit in den Papierkorb.
Anlässlich der Verleihung des Preises der Stadt Wien an Otto Häuselmayer im Jahr 1994 würdigte der Architekturpublizist Walter M. Chramosta den 1943 in Wien geborenen Architekten als Visionär: „Gut gebaut wird nur aus einer Vorwärtsstrategie, mit einer Vision des Zukünftigen“. Zugleich aber sei Häuselmayers Arbeit fest in ein architekturgeschichtliches Gedankengebäude eingebettet. Ein größeres Lob kann man sich als Architekt eigentlich nicht wünschen.