370 Architektur Thema

PPP im Schulbau – Dauerthema oder Daueraufreger?

© Paul Sebesta
Den Bildungscampus Heidemarie Lex-Nalis (POS architekten) realisierte ein Konsortium, bestehend aus Strabag Real Estate, Hypo Noe Leasing, Caverion und Strabag.
© Paul Sebesta

Public-Private-Partnership, also etwa: „öffentlich-­private Partnerschaft“, wird im Bildungswesen Wiens immer wichtiger. Dabei spielt die Kompetenz der Auftraggeber eine zentrale Rolle für den Erfolg.

von: Rudolf Preyer

Der große Vorteil für die öffentliche Hand ist bei PPP ­(Public-Private-Partnership), dass etwaige Kostenrisiken an die privaten Unternehmen ausgelagert werden, die sich zu Beginn des Projekts zu einer Fixkostenpauschale für die Errichtung der Objekte verpflichten. Eine Vorreiterin in Sachen öffentlich-privater Partnerschaft ist die Stadt Wien. Da beim „Bildungseinrichtungs-Neubauprogramm“, wie es seitens der Stadt bezeichnet wird, gleich mehrere Standorte nach demselben Modell vergeben werden, entstehen so Skalen­effekte für beide Seiten. Für Wien liegen die Hauptvorteile in der – unter Einfluss Margaret That­chers formulierten – Maas­tricht-Konformität (die ­Finanzschulden werden nicht erhöht) und in der Verteilung der Zahlungsverpflichtung auf 25 Jahre. Seit der Wirtschaftskrise 2008 wurden PPP-Konstruktionen wieder gezielt propagiert. 

Im Folgenden sollen sich Kritiker und Proponenten des PPP-Modells abwechseln.

Strabag im Dauereinsatz

Das heimische, global aufgestellte Bauunternehmen Strabag hat im jährlichen Durchschnitt an die 40 PPP-Projekte laufen – und zählt damit zu den erfahrensten im öffentlich-privaten Bereich, vor allem im Schul- und Bildungsbau. Auf Anfrage des ARCHITEKTURJOURNAL / WETTBEWERBE konzediert man seitens der Strabag, dass PPP zunächst „viel Aufwand in der Ausschreibungs- und Vergabephase“ bedeute, „dies sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Bieterseite. Schließlich ist das umfangreiche Leistungsbild bestehend aus Planung, Finanzierung, Errichtung und Betrieb auch in umfassenden Vertragswerken abzubilden.“

Die Vorteile des PPP-Modells fasst Strabag so zusammen: „Durch die mit PPP-Projekten einhergehende Risikoallokation und Schnittstellenreduktion für den öffentlichen Auftraggeber entsteht ein hohes Maß an Kosten- und Terminsicherheit, was insbesondere bei Schulbauten von Bedeutung ist.“ Die Kostensicherheit sei darüber hinaus nicht nur in der Bauphase, sondern auch für die Betriebs­phase (meist 25 Jahre) gegeben. Und schließlich: Die zu erwartenden Lebenszykluskosten seien für den öffentlichen Auftraggeber bereits mit Vertrags­abschluss zu einem Gutteil bekannt.

„Aus dem Schuldenkreis herausgenommen“

Kritiker des PPP-Modells hingegen bemängeln etwa, dass „der öffentlichen Hand entstehende Kosten ausgelagert und damit versteckt“ werden, dass manche Projekte mitunter sogar „teurer“ als „gewöhnliche Schul- bzw. Bildungsbauten“ sind, die Rede ist weiters von rechtlichen Schwierigkeiten, (zu) langen Laufzeiten und so weiter. Besonders in den 2000er-Jahren wurden PPPs häufig gewählt, um budgetäre Beschränkungen zu umgehen und Schulden aus den öffentlichen Budgets zu bekommen – was aber mittlerweile deutlich eingeschränkt wurde. Grundsätzlich zeigen die internationalen Erfahrungen mit PPPs, dass es häufig zu Nachverhandlungen kommt.

Prononcierte Kritiker sind beispielsweise Bernhard Sommer und Peter Bauer, Präsident respektive Vizepräsident der Ziviltechnikerkammer Wien, Niederösterreich und Burgenland. Sie sagen: „Wir sind nicht der Meinung, dass PPP für die öffentliche Hand Vorteile hat; vor allem nicht im Schul- und Bildungsbau. Das Modell ist dafür überhaupt nicht geeignet. Attraktiv ist das Modell allenfalls für den privaten Partner, der langfristig risikolose Einnahmen generieren kann.“ PPP sei eine Methode, öffentliche Schulden zu verschleiern – denn die PPP-Miete, die ja das Projekt finanzieren muss, muss „wundersamerweise nicht in die Schulden eingerechnet werden“. Sommer und Bauer: „Die privaten Betreiber werden keine Verträge abschließen, bei denen sie nicht gutes Geld verdienen.“ Da es sich bei PPP-Verträgen um private Verträge handelt, seien diese nicht öffentlich einsehbar. Und so würde die Finanzierung ganzer Gebäude – also oft dreistellige Millionenbeträge – aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden, sind Sommer und Bauer überzeugt.

"Vor der Öffentlichkeit versteckt“

Aus Architektensicht: Wie wirkt sich dieses Modell auf die Qualität der Bauten aus? Dazu die oben genannten Architekten: „Die Geschichte von PPP ist von Pannen gesäumt: Kostenexplosionen wie bei der Elbphilharmonie bis hin zur Übernahme von Projekten durch die öffentliche Hand, weil der private Partner leider insolvent wurde.“

Jedoch, so Sommer und Bauer weiter: „Die Wiener PPP-Projekte sind architektonisch bisher gut ausgegangen. Das hängt aber auch mit Selbstausbeutung der beteiligten Architekturbüros zusammen und mit einer Verwaltung, die noch imstande wäre, solche Projekte selbst abzuwickeln. Diese Fähigkeit wird aber mit dem Praktizieren dieser Modelle verloren gehen. Derzeit werden diese Modelle durchgeführt, um bürokratische Kriterien zu erfüllen und Einstufungssysteme von Ratingagenturen zu bedienen, damit die öffentliche Hand nicht in Zinsprobleme getrieben wird. Im Gegenzug verliert diese die Kontrolle über die bauliche und baukulturelle Qualität, die Nachhaltigkeit und die Wirtschaftlichkeit der von ihr finanzierten Projekte, und das alles geregelt durch intransparente Verträge, die durch die Öffentlichkeit gar nicht und für die verantwortlichen Politiker nur sehr erschwert einsehbar sind.“

Verantwortungsteilung

Was sind freilich die beid­sei­tigen Vorteile von PPP, beispiels­weise im Schul- und Bildungsbau, für die öffentliche Hand wie für die Privaten? Was macht dieses Modell attraktiv? Dazu Michael Klien vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO), der sich in diesem Bereich eine langjährige Exper­tise erarbeitet hat: „Aus konzeptioneller Sicht liegt der zentrale Vorteil eines PPP-Projekts in der Kombination von Bau- und Betriebsphase.“ In einer traditionellen Ausschreibung habe die anbietende Baufirma kaum Anreize, Lösungen anzubieten, welche über den Lebenszyklus hinweg optimal sind.

In einem PPP-Projekt dagegen gebe es eine Abwägung zwischen möglicher­weise höheren Investitionskosten und dafür geringeren Betriebskosten – Stichwort energetische Gebäudeeigenschaften. Klien weiter: „Dies ist auch für den privaten Projektpartner ein Vorteil, da diese in einem PPP sehr früh und direkt in die Konzeption eingebunden sind, und es daher weniger Überraschungen oder Auffassungsunterschiede in der Bauphase geben sollte.“

Für die privaten Anbieter sei es zudem eine weitere Geschäftsmöglichkeit, wenn neben der Bauphase auch Lösungen für die Betriebsphase angeboten werden können – „zusätzliche Ertragsmöglichkeiten sind eine wesentliche Motiva­tion für die Anbieter“, meint der Wirtschaftsforscher.

Robert Hörhann von Raiff­eisen-Leasing sagt zum Thema: „PPP-Modelle zeichnen sich durch ihre Transparenz aus. Denn in den Angeboten werden alle Details zu den Kosten genau aufgeschlüsselt und ­geprüft. Es gibt außerdem ­laufende Berichte an den Auftraggeber.“

Lesen Sie den ungekürzten Artikel ab Seite 34 der aktuellen Ausgabe 370-5/2023 oder am Austria Kiosk!


© Bernard Hermant/Unsplash
Produkte & Innovationen

Nachhaltigkeit im Betonbau

Die beiden Geschäftsführer Michael Pauser und Christoph Ressler sind seit mehr als 15 Jahren für die BETONAKADEMIE-Seminare verantwortlich. Auch heuer…

Weiterlesen
© Electrolux Professional GmbH
Produkte & Innovationen

Sparsam und intuitiv bedienbar

Hauptakteure in der Küche der Volksschule Kleefeld in Bern sind die beiden Kombidämpfer SkyLine PremiumS von Electrolux Professional, einmal mit…

Weiterlesen

Seien Sie auf der Light + Building vom 3. bis 8. März 2024 in Frankfurt mit dabei!

Weiterlesen
Alle Fotos: © HOBA
Produkte & Innovationen

Moderner Brandschutz

Das Münchner Architekturbüro bundm* plante für den neuen Standort der Firma CADFEM einen achteckigen Baukörper, dessen Fassade, tragende Elemente…

Weiterlesen
© Rockwool
Produkte & Innovationen

Dübel ohne Teller

Röfix erweitert sein Sortiment um ein neuartiges Dübelsystem.

Weiterlesen
© Röfix AG
Produkte & Innovationen

Fit fürs Flachdach

Musste ein Flachdach konstruktiv bisher meist nur für gleichmäßige Lasten wie Schnee, Kies oder Begrünung ausgelegt sein, so muss es nun wegen der…

Weiterlesen
© Steinbacher Dämmstoffe

Viele Steinbacher Dämmstoffe basieren auf EPS (expandiertes Polystyrol bzw. Styropor). Das Material ist nicht nur praktisch, kostengünstig und…

Weiterlesen
Alle Fotos: © NOE

An der Universität Heidelberg entsteht das AudimaX mit zwei Hörsälen mit ca. 500 Plätzen, Büros, mehreren Seminar- und Lernräumen sowie einer…

Weiterlesen
Alle Illustrationen: © JOMA

Ein Plus an Nachhaltigkeit bei bewährter Dämmqualität: Das bietet die neue Dämmung GreenPor der JOMA Dämmstoffwerk GmbH aus Holzgünz - mit…

Weiterlesen
© Pretterhofer & Rieper

Mit Beginn des Studienjahres Anfang Oktober übernahmen Heidi Pretterhofer (*1965 in Graz) und Michael Rieper (*1970 in Brixen) die neu ge­schaffene…

Weiterlesen

Kennen Sie das ARCHITEKTURJOURNAL / WETTBEWERBE in der Printversion?

Bestellen Sie HIER ein Probeabonnement
3 Ausgaben um € 15,-

Übrigens: Mit einem Abo erhalten Sie Zugang zum Austria Kiosk. Mit Ihrer Abo-Nummer können Sie dort die Ausgaben als PDF gratis herunterladen! Hier finden Sie die Anleitung. In unserem Archiv finden Sie alle bisherigen Ausgaben zum digitalen Blättern weiterhin gratis!



Termine

Numen / For Use: Negative Space and Collapsing Room

Datum: 10. November 2023 bis 24. Februar 2024
Ort: aut. architektur und tirol im Adambräu, Lois Welzenbacher Platz 1, 6020 Innsbruck, Austria

Franco Clivio: Manifolds

Datum: 10. November 2023 bis 24. Februar 2024
Ort: aut. architektur und tirol im Adambräu, Lois Welzenbacher Platz 1, 6020 Innsbruck, Austria

R+T 2024

Datum: 19. Februar 2024 bis 23. Februar 2024
Ort: Stuttgart

Technologie und Gebäudetechnik im Einklang

Datum: 03. März 2024 bis 08. März 2024
Ort: Messe Frankfurt

Mehr Termine

Anmeldung zum Newsletter

Frau / Mrs  Herr / Mr