Um die „Defizite der Stadtentwicklung der 80er-Jahre zu beseitigen“, wie es Rudolf Zabrana, kürzlich pensionierter stellvertretender Bezirksvorsteher von Wien-Landstraße ausdrückte, wurde 2009 für den Bereich am Donaukanal, der von der Erdberger Lände zwischen Wassergasse und Lechnerstraße begrenzt wird, ein städtebaulicher Ideenwettbewerb ausgeschrieben. Anders als im Bereich der Innenstadt wird die Flusslandschaft des Donaukanals hier von grünen Böschungen begleitet. Jenseits des Kanals liegt der grüne Prater. Den vom Eigentümer der Liegenschaft, dem Projektentwickler CA Immo, in Abstimmung mit der Stadt Wien ausgelobten städtebaulichen Ideenwettbewerb „Waterfront Erdberger Lände“ gewannen die Architektenteams Frötscher Lichtenwagner/Freimüller Söllinger – EGKK Landschaftsarchitektur. Auf Basis dieses Projekts wurde ein städtebauliches Leitbild erstellt, dessen strategische Ziele zur Aufwertung des Quartiers „Urbanisieren – Verweben – Entlasten“ lauteten. Das vorhandene Wegenetz sollte weiter geknüpft, die dadurch entstehenden Baufelder sollten aufgefüllt, eine Stadtkante ausgebildet, transformiert und angepasst werden. Das Leitbild sah, aufbauend auf dem bestehenden Gründerzeitblock des 19. Jahrhunderts, als Bautypus einen nach Süden aufgelösten Block vor, visuelle Durchlässigkeit, Raumbildung sowie eine Zonierung der Freiräume. Die Bebauungsfront entlang der Erdberger Lände wurde geschlossen in der Bauklasse IV und V festgelegt, mit der Möglichkeit, sie durch Öffnungen zu rhythmisieren und das Areal über eine Brücke mit dem 2. Bezirk zu verbinden.
La Vie
Anfang 2010 startete der Projektentwickler auf dem ehemaligen Siemens-Werkgelände ein großflächiges Entwicklungs- und Revitalisierungsprojekt unter dem Namen Lände 3 mit dem Ziel, einen Nutzungsmix aus Wohnen, Büro und Einzelhandel zu schaffen. Am Eck Erdberger Lände und Haidingergasse, auf dem Baufeld Nord 1, steht nun seit Sommer 2018 das Bürogebäude „VIE“. Geplant vom Pariser Architekturbüro Chaix & Morel in Kooperation mit dem Wiener Architekten Christian Anton Pichler, wird das Gesamtvolumen mit einer Bruttogeschoßfläche von 19.000 Quadratmetern mithilfe von vertikalen Fugen optisch in vier einzelne Baukörper aufgelöst, deren Höhen von der Gebäuderückseite zum Donaukanal hin, dem Bebauungsplan entsprechend, ansteigend gestaffelt sind und maximal zehn Geschoße erreichen. Im Eckbereich zur Lände öffnet sich das Gebäude mit einem zweigeschoßigen, voll verglasten Eingangsbereich in den Straßenraum, während der Baukörper an der der Innenstadt zugewandten Seite durch einen Fassadeneinschnitt in zwei Einzelblöcke aufgelöst wird, zwischen denen ein gedeckter Eingang den Zutritt in den begrünten Innenhof und von dort über die Lobby weiter zum Haupteingang ermöglicht.
Die Fassaden nach Norden, Osten und Süden bestehen aus eloxierten Lisenen aus Aluminiumprofilen, die bei jeweils zwei Baukörpern unterschiedlich strukturiert sind – einmal verlaufen die Lisenen vertikal über die gesamte Gebäudehöhe, das andere Mal sind sie geschoßweise als unterschiedlich verschwenkte Aluminiumlamellen ausgebildet. Nach Westen und zum Innenhof hin ist die Fassade hinterlüftet und mit Alucobondelementen verkleidet. Die Brüstungselemente bestehen aus wärmegedämmtem, opakem Emailglas.