Ein „angemessenes Zeichen der Zeit“ nennt Susanne Wartzeck die Verwendung von nachhaltigen und wiederverwendbaren Werkstoffen. Im Blick hat die Präsidentin vom Bund Deutscher Architekten BDA dabei besonders auch Naturstein. Bereits 2019 vertrat der BDA in seinem Positionspapier „Das Haus der Erde“ einen Standpunkt, der aus damaliger Sicht für Aufsehen sorgte, nämlich die Achtung des Bestandes. Wörtlich heißt es darin: „Bauen muss vermehrt ohne Neubau auskommen. Priorität kommt dem Erhalt und dem Weiterbauen des Bestehenden zu und nicht dessen leichtfertigem Abriss.“ Dass ausgerechnet die Architektenzunft den Erhalt des Bestandes dem Neubau vorzog, mutete damals vielen utopisch, unrealistisch und sogar geschäftsschädigend an. Heute, nur drei Jahre später, hat sich die Stimmung im Bauwesen dramatisch gewandelt. Die Vorteile von Umbau und Umnutzung bestehender Substanz anstelle von Abriss und Neubau sind allgemein anerkannt und vielfältig. Besonders deutlich zeigen dies drei im Rahmen des Deutschen Natursteinpreises 2022 mit Besonderen Anerkennungen prämierte Projekte aus Hamburg, Aachen und Stuttgart.
Alter Wall in Hamburg
Der Alte Wall 2–32 liegt prominent zwischen Rathaus und Alsterarkaden in der Hamburger Altstadt. Der von repräsentativen Geschäftshäusern aus der Zeit um 1900 geprägte Straßenzug wurde nach den Plänen vom Hamburger Büro gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner sorgsam saniert und zur Nutzung für Gewerbe, Museum und Büros weiterentwickelt. Bei der Sanierung und Neugestaltung des gesamten Projekts verbindet sich modernste Technik mit traditionellem Steinmetzhandwerk. Die historischen Natursteinfassaden wurden im Partikelstrahlverfahren gereinigt und mit Restauriermörtel ergänzt. Die Erdgeschoßebene wurde umgestaltet und geöffnet, die Natursteinbrüstungen wurden zurückgebaut, die Laibungen überarbeitet und an die neuen Schaufenster angepasst. Die Fassaden greifen den Rhythmus und die Gliederung der historischen Häuser an derselben Stelle auf und fügen sich mit ihrer zeitgemäßen Gestaltung harmonisch in den von Natursteinfassaden geprägten städtebaulichen Kontext. Anhand einer Musterfassade vor Ort wurden in Abstimmung mit dem Denkmalamt Steine, Verankerungen sowie das Fugenbild geprüft und mit dem historischen Kontext in Einklang gebracht. Verschiedenste Natursteine wie grauer Sellenberger Muschelkalk, Cottaer Sandstein, Crailsheimer Muschelkalk und Fürstensteiner Granit an Sockel- und Fassadenflächen bilden ein harmonisches Gesamtbild.