Die Geschichte sorgte damals für Heiterkeit: Im Jahr 2013 schrieb die Magistratsabteilung 48 der Stadt Wien einen Architekturwettbewerb für ihre neue Zentrale aus. Der Entwurf sollte, so die Aufforderung der Ausschreibung, „in der Formensprache an einen Abfallkübel erinnern“. Das Siegerteam, BWM Architekten aus Wien, nahm das ernst und schlug ein Gebäude vor, das zur MA 48 und ihrer Corporate Identity gepasst hätte: orange, zweckmäßig, zupackend, selbstbewusst, unprätentiös.
Pech nur, dass das von der zuständigen Stadträtin favorisierte Projekt in Form eines riesigen Müllcontainers, das die Wettbewerbsjury als Kitsch verworfen hatte, öffentlich so durch den Kakao gezogen wurde, dass dieses Projekt nicht realisiert wurde. Ebenso wenig wie das eigentliche Siegerprojekt, denn das erinnerte die Stadträtin nicht an einen Abfallkübel.
Unverwechselbarkeit
Ästhetisch und baukulturell wäre der Mega-Mistkübel wohl eine Katastrophe geworden. Als sichtbares gebautes Zeichen für das, was die MA 48 tut, hätte es seinen Zweck allerdings erfüllt. Architektur ist die gebaute Marke. Und was steht schließlich stärker für die Marke Müllabfuhr als ein solches Design? „Corporate Architecture“ – so der neudeutsche Begriff für Architektur als Marke – ist dann erfolgreich, wenn sie es schafft, dem Unternehmen Unverwechselbarkeit zu verleihen. Im Vordergrund steht der Anspruch, bei den Betrachtern des Gebäudes die eindeutige Assoziation mit dem Unternehmen auszulösen. Wie neuerdings etwa bei der von den Architekten Pichler & Traupmann entworfenen ÖAMTC-Zentrale in Wien-Erdberg. Die erinnert an einen Autoreifen, die Ansicht von der Straße vermittelt Dynamik. Und viele Menschen würden das Gebäude auch mit dem Autofahrerclub identifizieren, wenn sein Logo nicht an der Fassade prangen würde. Ebenso wie das T-Center in Wien. Das von den Architekten Domenig, Eisenköck und Peyker geplante Firmengebäude eines Mobilfunkanbieters wurde 2004 eröffnet und ist heute bereits eine Architekturikone. Mit seiner horizontalen Lage wirkt das Gebäude beinahe wie eine liegende Skulptur. Die individuelle und exzentrische Form macht das Bauwerk unverwechselbar und schafft damit Identität.