Am 21. Juni 2018 fand ein von der Wiener Magistratsabteilung MA 20 Energieplanung organisierter Baustellenbesuch statt. Geladen waren Vertreter der städtischen Baudirektion, unter anderem Planungsdirektor Thomas Madreiter, weiters Vertreter des Innovationsministeriums, von Urban Innovation und der Vereinigung der österreichischen Zementindustrie (VÖZ). Direktor Johann Gruber vom Bauträger Neues Leben führte die Besucher über die Baustelle.
„Die Wohnungen werden mit Erdwärme geheizt und erstmals im Sommer auch gekühlt, die Wärmepumpe wird mit Überschuss-Windstrom betrieben. Für eine 70 bis 80 Quadratmeter große Wohnung sollte die Jahresrechnung für Heizung, Kühlung und Warmwasser unter 300 Euro betragen. Solche niedrigen Energiekosten unterstützen leistbares Wohnen“, sagte Gruber. Projektpartner und Projektentwickler Norbert Mayr, Geschäftsführer der M2plus Immobilien GmbH, hatte die Idee, Überschuss-Windenergie in Beton zu speichern, ins Projekt eingebracht und den Kontakt mit Energieplaner Harald Kuster hergestellt. Harald Kuster, erst kürzlich gemeinsam mit einem Team der Bauakademie mit dem Energy Globe 2018 Salzburg für seine Leistungen betreffend Bauteilaktivierung ausgezeichnet, ist mit seinem Unternehmen FIN – Future is now für die Auslegung des Systems verantwortlich: „Das Projekt MGG22 trägt dazu bei, dass wir die notwendigen vorhandenen Betonbauteile eines Gebäudes mit einer einfachen Lösung sinnvoll als Speichermasse nutzen können. Hinzu kommt, dass wir erneuerbare Energie dann verwenden, wenn sie im Überfluss vorhanden ist.“
Ein Windstrom-Lastmanagement sorgt dafür, dass der Strom zum Betrieb der Wärmepumpen weitestgehend aus Überschussproduktion stammt. Dazu Roman Prager, Projektverantwortlicher beim Windkraftbetreiber WEB: „Um den Anteil erneuerbarer Energien weiter steigern zu können, braucht es funktionierende, langlebige und kostengünstige Speichermöglichkeiten wie die Thermische Bauteilaktivierung, dazu eine intensive Zusammenarbeit von Projektbetreiber, Nutzer und Ausführungsplaner und den Mut, solche innovativen Projekte wie MGG22 zu unterstützen.“
30 bis 40 Prozent des Endenergiebedarfs werden für das Heizen und Kühlen benötigt. Dem Gebäudesektor kommt daher bei der Dekarbonisierung eine Schlüsselrolle zu. „Es gilt, den Anteil erneuerbarer Energie im Bereich der Gebäude drastisch zu steigern. Dazu brauchen wir Speicher. Die Thermische Bauteilaktivierung
sollte daher künftig auch in großen mehrgeschoßigen Gebäuden eingesetzt und für das Heizen und Kühlen
optimiert werden“, so Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie.
Mehr als Wohnen
Nur wenige Gehminuten von der Station Stadlau (U2, S-Bahn, Bahn) entfernt stellt das Projekt MGG22 eine urbane Alternative zum Reihenhaus mit Garten dar. Unter dem Stichwort „Essbare Stadt“ ist auch die Ge-staltung des Freiraums als Teil des Wohn- und Lebensraumes wichtig. Dazu zählen private Balkone und Loggien sowie die wohnhausbezogenen Terrassen-Gärten (Hochbeete), aber auch der angrenzende Wald- und Wiesengürtel. Die Gebäude selbst werden im Niedrigenergiehausstandard errichtet, mit einem Heizwärmebedarf von 24 bis 28 kWh/m2a. Beheizung und Kühlung erfolgen über das innovative Konzept der TBA. Die Wärme für Beheizung und Warmwasser wird über Sole/Wasser-Wärmepumpen in Verbindung mit Erdwärme-Tiefensonden erzeugt, im Sommer wird das Sondenfeld regeneriert. Insgesamt 30 Erdsonden werden mit je 150 Meter gebohrt und verbaut. Ab einer Tiefe von rund zehn bis 20 Metern herrscht das ganze Jahr über eine gleichmäßige Temperatur von 10 bis 12 °C. Die entzogene Erdwärme wird im Heizfall mit Hilfe einer Wärmepumpe auf ein höheres Temperaturniveau gebracht. Im Kühlfall wird Wärme ins Erdreich eingebracht.