Es wurde weiter geforscht und entwickelt. Die Römer griffen die Technik der Phönizier auf, die den türkischen Mörtel mit Vulkangestein anreicherten und unter Beigabe von Wasser aushärten ließen, und kreierten das sogenannte „opus caementium“, einen römischen Zement, der zum fundamentalen Schlüsselelement für atemberaubende architektonische Bauwerke wurde. Obwohl man damals wie heute weiß, dass die solide Massivbautechnik Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende überdauert, so war sie dennoch über lange Strecken der Menschheitsgeschichte nicht die erste Wahl. Immer schon schätzte man eine gewisse Flexibilität, und es waren auch die hohen Kosten, vor allem aber die lange Bauzeit, die viele – in Anbetracht eines mit heute vergleichsweise geringen Lebensalters – davon abhielten, viele Jahre auf die Fertigstellung zu warten.
Graue Eminenz
Beton, der unter den Römern seine ersten Gehversuche anstellte, wurde um 1700 wiederentdeckt und kam erst Anfang des 19. Jahrhunderts so richtig in Schwung. In Frankreich begann man Rohre aus Beton zu fertigen – sozusagen die ersten Fertigteile aus Beton. 1824 kreierte der englische Maurer Joseph Aspdin den nach der südenglischen Halbinsel Portland benannten Zement, eine Mischung aus Ton, Kalk und natürlich Wasser, das dabei nie fehlen durfte. Dann ging es Schlag auf Schlag: In den 1840ern entstanden in Deutschland die ersten Treppen aus Beton, und der französische Gärtner Joseph Monier erfand beim Bau eines Pflanzengefäßes den Stahlbeton so ganz nebenbei. Bereits ab 1870 wurde Beton dann in großem Stil in der Architektur eingesetzt.
Schließlich wurde herzhaft mit Mischungsverhältnissen, Wassergehalt und Temperaturen experimentiert, sodass man heute zwischen unzähligen Betonsorten wählen kann wie selbstverdichtender Beton, Textilbeton, ultrahochfester Beton, Infraleichtbeton, 3D-Druck und lichtdurchlässiger Beton, um nur ein paar zu nennen. Beton gilt als verlässliches Universalgenie, im Hoch- wie im Tiefbau, und vor allem als Material, mit dem man sich formal und kreativ austoben kann. Seit Beton recycelt und wiederverarbeitet wird, hat sich sein Ruf auch wieder drastisch verbessert: Der einst verrufene Umweltsünder ist wieder salonfähig.
Faseriges Naturtalent
Noch nicht ganz so alt ist der Holzmassivbau, doch Holz entwickelt sich mehr und mehr zum Baustoff der Zukunft. Ein historischer Vorfahre des modernen Holzmassivbaus ist das klassische Blockhaus, eine solide Bautechnik aus waagrecht gestapelten, miteinander im Nut-und-Feder-Prinzip verbundenen Holzbalken, die sich unter anderem im alpinen Raum bewährt hat. Da beim Holzmassivbau die Scheiben meist aus Brettschicht- oder Brettsperrholz bestehen, wird bei den Ausfachungen auf andere Materialien verzichtet: Das natürliche Material steht ganz für sich selbst.
Im Laufe der Zeit wurde die Bauweise natürlich verfeinert: Die Baumstämme werden industriell zurechtgeschnitten, die Elemente sind praktisch identisch und weisen so gut wie keine undichten Fugen auf. Mit modernen Holzmassivbau-Scheiben, die bereits im maßgeschneiderten Format auf die Baustelle angeliefert werden, kann der Rohbau aus Holz, der zudem noch viel leichter ist als jener in Beton- oder Ziegelbauweise, rasch und zügig fertiggestellt werden. Die Module können innerhalb kürzester Zeit geschoßweise gestapelt werden. Aufgrund des geringeren Gewichts vorteilhaft ist der Einsatz der Holzmassivbauweise für Gebäudeaufstockungen.
Faszinierender Nachwuchs
Dass man noch lange nicht am Ende der Möglichkeiten angekommen ist, beweist der belgische Ziegelhersteller Vandersanden, der ab 2023 wirklich Großes vorhat, und zwar die Produktion von Ziegeln, die mit Stahlschlacke produziert werden. Der Hintergrund ist, dass diese durch chemische Reaktion mit CO2 aushärten. Gemeinsam mit einem anderen belgischen Unternehmen hat das Unternehmen ein Patent weiterentwickelt, bei dem Fassadenziegel aus Schlacke hergestellt werden, indem in speziellen Kammern CO2 in die Ziegel gepresst wird. Die Ziegel härten dadurch aus und nehmen auch nach der Produktion immer noch Kohlendioxid aus der Luft auf. So kann ein Einfamilienhaus aus diesen Ziegeln – einem vergleichbaren Haus mit drei Tonnen CO2-Ausstoß gegenübergestellt – fünf Tonnen CO2 zusätzlich aufnehmen. Das macht einen satten Unterschied von acht Tonnen Kohlendioxid.
Für die Produktion der sogenannten „Carb-Stones“ wird direkt neben dem bestehenden Werk für keramische Ziegel ein zweites errichtet, das zwischen 35 und 50 Millionen Fassadenziegel herstellen soll. Schon 2022 wird ein erstes Pilotprojekt mit den CO2-negativen Fassadenziegeln errichtet, 2023 sollen die Ziegel dann am Markt erhältlich sein. Vandersanden ist es wichtig, dass die Preise dafür nicht höher sind als für normale Ziegel. Denn nachhaltiger darf keinesfalls teurer sein, um Anreize zu schaffen, in innovative Produkte zu investieren, damit nicht am Ende dann doch zum Billigeren gegriffen wird. Das neue Werk wird letztendlich das eigene Kohlendioxid aus dem keramischen Werk für die Carb-Stones wiederverwenden, um den Kreislauf neutral zu schließen. Die Steine werden im klassischen Ziegelformat produziert, denn es gilt hier: Je mehr Material eingesetzt wird, desto mehr CO2 kann gebunden werden und umso größer ist der Beitrag zu einer besseren Umwelt.
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