Natur pur direkt vor der Haustür – ein Versprechen, das angesichts der Lage am Rande Wiens nicht unrealistisch erscheint: Auf einem 70.000 Quadratmeter großen Areal in Wien-Stammersdorf ist das Projekt „Wohnen am Marchfeldkanal“ mit mehreren Hundert geförderten Wohnungen im Entstehen. Das Areal zwischen Van-Swieten-Kaserne, Brünner Straße und Marchfeldkanal umfasst sechs Bauplätze. Als Voraussetzung für die Wohnbauförderung mussten die Grundeigentümer, die Bauträger kabelwerk und Donaucity AG, im Jahr 2014 zwei Bauplätze in einem Bauträgerwettbewerb gemeinsam mit dem wohnfonds_wien ausschreiben. Auf vier Bauplätzen planten die Bauträger selbst mit der Arbeitsgemeinschaft Architekten Stammersdorf knapp 750 Wohnungen und zwei Wohngemeinschaften für die Stadt Wien und legten ihre Projekte der Wettbewerbsjury vor. Zwei dieser Projekte werden allerdings vorerst nicht realisiert. Auf zwei weiteren Bauplätzen entstehen ebenfalls ein geförderter Wohnbau und Geschäfte. Bisher wurden 2018 zwei Projekte fertiggestellt – siehe Ausgabe 1/2019 (342).
Leben in der Vorstadt
Wohnen am Marchfeldkanal, Bauplatz 1, Wien / Architektengemeinschaft Stammersdorf – Hermann & Valentiny und Partner
Aufgelockerte Bebauung
Als Grundlage für den Bauträgerwettbewerb diente ein vom Landschaftsplanungsbüro idealice erstelltes Leitbild für den Freiraum, das Wohnbänder, ein Parkband, einen urbanen Siedlungsplatz und Privatgärten definiert. Es sieht die Entwicklung und Restrukturierung des Areals mit aufgelockerter Bebauung und freistehenden Baukörpern vor, die an neuralgischen Punkten Stadtkanten betonen, ansonsten aber als Filter zwischen Stadt und Naturraum wirken. Eingebettet in diese Bänder sind kleine Plätze, Terrassen, Spielelemente, Pflanzbeete und Retensionsflächen. Ein urbaner Siedlungsplatz befindet sich im nördlichen Teil des Planungsgebietes mit Geschäften und Cafés in der Erdgeschoßzone. Zum Marchfeldkanal hin orientieren sich Pflanzenbeete.
Geöffnete Bebauungskante
Auf Basis dieses Leitbilds nimmt der Wohnbau von Hermann & Valentiny Architekten auf dem Bauplatz 1 mit einer Fläche von 10.500 Quadratmetern das nördliche Wohnband als zentrale Erschließungsachse und Ost-West-Durchwegung auf. Das Ensemble besteht aus zwei länglichen, trapezförmigen, versetzt angeordneten Baukörpern und einer Stadtvilla. Die beiden sechsgeschoßigen, zweihüftigen Zeilenbaukörper in Ost-West- bzw. Nord-Süd-Ausrichtung öffnen die geschlossene Bebauungskante und schaffen einen Grünraumpuffer entlang der Inge-Konradi-Gasse im Norden. Die als Punkthaus ausgeformte Stadtvilla bildet – als Teil einer geplanten, aber noch nicht realisierten Dreierkette – den südlichen Abschluss zum Park und markiert gemeinsam mit der Zeilenbebauung den Ost-West-Durchgang.
Skulpturales Erscheinungsbild
Die von Balkonen, Erkern, Loggien und Fassadensprüngen geprägten Fassaden verleihen den Gebäuden ein skulpturales Erscheinungsbild, das durch differenzierte Eckausbildungen unterstrichen wird. So verzahnen sich die Baukörper mit dem Freiraum und erhalten eine dem Auge verträgliche Maßstäblichkeit. Alle drei Gebäude werden zentral erschlossen, was jeder Wohnung die Zuordnung einer Freifläche ermöglicht, entweder in Form einer Loggia, eines Balkons, einer Terrasse oder als Mietergarten. Die Grundrisse der 171 Geschoßwohnungen – 114 davon sind SMART-Wohnungen – sind flexibel ausbaubar, basieren aber auf der Grundform eines loftartigen Raumes, in den je nach Bedarf zusätzliche Räume eingeschrieben werden können. Im Erdgeschoß befinden sich ein Kinderhort sowie fünf Gewerbelokale.
Projekt
Wohnen am Marchfeldkanal, Bauplatz 1, Inge-Konradi-Gasse 12, 1210 Wien
Bauherren
>kabelwerk< Bauträger GmbH, Wien, kabelwerk.at
DONAUCITY Wohnbau AG Gemeinnützige Aktiengesellschaft, Wien, dc-wohnbau.at
Architektur
Architektengemeinschaft Stammersdorf – Hermann & Valentiny und Partner ZT GmbH, Wien, hv-wien.at
Landschaftsplanung
idealice, Wien, idealice.com
Statik
pcd ZT GmbH, Wien
Naturschutz
Knollconsult, Wien
Fotos
Paul Rakosa, 2020
Projektdaten
Grundstücksfläche: 10.530 m²
Bebaute Fläche: 2894,17 m² (alle drei Bauteile)
Geförderte Nutzfläche: 12.597,10 m² (alle drei Bauteile)
Bruttogeschoßfläche: 16.122,56 m² (alle drei Bauteile)
Wohnungsanzahl:
171, davon 114 SMART-Wohnungen
Büros/Praxen: 5
Projektablauf
Wettbewerb: 04/2014 (2. Stufe)
Planungsbeginn: 05/2013
Baubeginn: 04/2017
Fertigstellung: 12/2019
Wettbewerbsdokumentation
ARCHITEKTURJOURNAL / WETTBEWERBE 5/2014 (316)
Der Artikel als PDF
- Wohnen wie früher
- Kleines ganz groß