Sich freispielen
Ordnerregale und Papierakten waren gestern. Der Platz wird in Speichermedien geschaffen und der frei gewordene physische Platz wird anderweitig genutzt. „Bei der Konzeption von Büros spielen in Zukunft einige Parameter eine entscheidende Rolle, die heute noch nicht berücksichtigt werden“, erklärt Bietau mit Blick auf Akustik, Internetbandbreite und Freiräume zum Erleben von virtueller Realität. Um das Potenzial voll ausschöpfen zu können, steht für Unternehmen anhaltend der notwendige Ausbau technischer Infrastruktur auf der Agenda. Weitere Beispiele sind unter anderem zusätzliche Räume für virtuelle Meetings und Workshops sowie die sogenannte Holoportation – eine Form der dreidimensionalen Objektpräsentation – oder die Integration von digitalen Sprachassistenzsystemen im Büro. Für Florian Danner, Partner von Moocon in Frankfurt, lautet die wichtigste Regel immer: „Nutzen vor Machbarkeit“. Sein Ziel ist es, mit dem Smart Office bessere Gebäude-, Nutzer- und Betriebsdaten zu lukrieren. „Während die Anbieterseite oftmals die nahezu unendlichen Möglichkeiten aufzeigt, kann es sein, dass auf Anwenderseite nur der Mehrwert im Fokus steht. Hier gilt es insbesondere, vom geplanten Endergebnis auszugehen. Daraus werden dann die notwendigen Entscheidungen abgeleitet. Dann werden die Daten identifiziert, die ich wirklich brauche“, sagt er im Interview mit Ralf Ressmann. „Im letzten Schritt können dann die Sensoren, Schnittstellen und Analysen abgeleitet werden. Vielen Kunden hilft es erst mal, mit kleinen Lösungen zu beginnen, deren Mehrwert aufgrund der Dringlichkeit, mit der die dabei entstehenden Daten benötigt werden, leichter zu argumentieren ist.“
Teilen in jeder Hinsicht
Wissen wird geteilt. Erfahrung auch. Warum also nicht auch der zur Verfügung stehende Raum. Das ist da und dort schon gelebte Praxis. In den Signa-Projekten sind mindestens 10 bis 15 Prozent Anteil für gemischte Nutzung, um für einen potenziellen Büromieter die richtige Antwort zu haben auf die Frage nach der Entwicklung des Unternehmens, die vorab nicht absehbar ist: Expandiert der Mieter, kann er zur gemieteten Fläche in den Shared-Office-Bereich ausweichen und dort für definierte Zeiträume Flächen dazumieten. Daraus ergibt sich, dass nicht mehr Quadratmeter pro Arbeitnehmer gemietet werden, sondern Arbeitsplätze. Daraus resultiert wiederum ein ganz anderer Zugang zur Ökonomie und Flächenberechnung, weil mit dem Arbeitsplatz mietet man nicht nur Fläche, sondern gleichzeitig auch Besprechungsräume, soziale Infrastruktur, einen Steuerberater, der Vorträge halten kann, etc. – all das sind Angebote, die man als vorausdenkender Immobilieninvestor mitdenken sollte, wenn man Büroflächen vermietet. Für die Architektur bedeutet dies Flexibilität. Man kann nicht voraussehen, wie das Büro in einigen Jahren aussehen wird. Was weiters zu bedenken ist, sind globalisierte Unternehmen, eine internationale Arbeitswelt und multikulturelle Mitarbeiter: Mit dem gesellschaftlichen Wandel verändern sich stetig die Ansprüche einzelner Generationen an die Arbeit im Allgemeinen. Eine Besonderheit: In den nächsten Jahren werden erstmals bis zu fünf Generationen an einem Tisch sitzen. Trends wie Mixed-Used-Offices, bei denen es statt dem klassischen festen Schreibtischplatz ein vielfältiges Angebot an unterschiedlichen Arbeitsplatzsituationen gibt, aber auch die zunehmende Teamarbeit bringen die Generationen noch stärker, schneller und näher zusammen. „Anstatt zu vereinheitlichen, sollten Unternehmen eher auf die Unterschiedlichkeiten der Angestellten verschiedener Generationen, Geschlechter, Kulturen und Arbeitsweisen eingehen und diese gewinnbringend für sich nutzen“, sagt Sven Bietau von CSMM.
Konkret konkurrieren Unternehmen künftig um Talente und hoch qualifizierte Fachkräfte aus den Generationen X, Y und Z, die wiederum mit den Babyboomern an einem Tisch sitzen. „Jede Generation bringt unterschiedliche Erwartungen an die Arbeit und die technische sowie gestalterische Ausstattung des Büros mit. Dabei berücksichtigt eine individuelle Planung auch die Selbstbestimmung der Angestellten und ihre freie Arbeitsplatzwahl – you work where you are.“ Darüber hinaus haben die Generationen unterschiedliche und teilweise diametrale Ansprüche in puncto Status, Flexibilität, Arbeitsmaterial oder Sinnhaftigkeit. „Die Hauptaufgabe wird weiterhin darin bestehen, die Kommunikation und Zusammenarbeit der Kollegen untereinander zu fördern und das Büro als einen Ort der Begegnung zu gestalten.“
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