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Es grünt so grün das Gebäude

© Treberspurg Architekten
Beim Neubau der Wohnhausanlage Erlaaer Flur – Wabe23 in Neu-Erlaa war das Grün an der Fassade die logische Antwort auf das Leitthema Urban Gardening (Architektur: Treberspurg & Partner).
© Treberspurg Architekten

Die grüne Agenda gewinnt an Bedeutung und auch am Gebäude sind Grünelemente plötzlich gefragt.

von: Peter Matzanetz

Als das Büro Treberspurg Architekten vor gut zehn Jahren ein Projektdesign für „vertikale Gärten“ mit Verschneidungen zu den Balkonräumen vorlegte, hat das nach eigener Einschätzung den Wettbewerbserfolg gekostet. „Das war früher einfach nicht so das Thema“, stellt Christoph Treberspurg aus heutiger Distanz fest. Ein paar Jahre später stand in Neu-Erlaa ein großvolumiges Wohnviertel zum Thema Urban Gardening an und dann war man für das Thema gewappnet. Prompt hatte man dem Bauherrn die richtige Lösung geboten und den Wettbewerb gewonnen. Mit Trog- und Wannensystemen wurde ein massiver Baukörper mit reichlich Grünelementen bedacht. Dieser steht nach Fertigstellung als grünes Tor fürs Viertel In der Wiesen Ost „zum Garteln“ da. Das dezente Fassadengrün in der Mitte des Bauwerks war dann auch der Treffpunkt fürs erste Kennenlernen der Bewohnerinnen und Bewohner. „Hier kümmert sich die Community eigenverantwortlich“, sagt Christoph Teberspurg. Ein Wannensystem aus Blech wurde als Trägermedium eingesetzt. Von dem Gebäude in Neu-Erlaa aus hat man einen guten Blick hinüber nach Alterlaa. Nicht nur wegen der Variation des Ortsnamens passt die Referenz, auch weil dort die Harry-Glück-Bauten wie ein schwer erreichbares Vorbild stehen.

Die hängenden Gärten
Zum Zeitpunkt der Eröffnung eines Neubaus bereits mit Vegetation zu rechnen wäre laut Treberspurg verfehlt: „Das geht erst nach drei Jahren wirklich los.“ Sein Büro hat mit einem Wohnbauriegel entlang der Brünnerstraße auch einen Grünfassaden-Klassiker hervorgebracht. „Hier hat sich erst nach zwanzig Jahren die volle Wirkung entfaltet“, sagt Treberspurg und verweist auf seinen Vater Martin Treberspurg als damaligen Chefplaner. Ein auf einem Stahlseilnetz sich hochrankender Blättervorhang verwandelt dort Wohnungszugänge in Lauben­gänge. Gefühlt absentiert sich der gesamte Gebäudeblock dahinter vom mitreißenden Straßengeschehen.
Was die Materialien und Bauteile fürs Grün an den Fassaden betrifft, lässt sich mittlerweile von einer Auswahl sprechen. Grünwand, Livingpanel oder auch Vertikalbeet sind Produktnamen für sich ähnelnde, wandgebundene Systeme. Um Pflanzen beim Nach-oben-Ranken den Halt zu­ geben, den sie brauchen, sind Gitter, verankerte Drahtseile oder Netze beliebte Varianten. Über Raster und variabel setzbare Knoten sowie Ankertypen kann gut auf planerische Anforderungen reagiert werden. Klematis, Hortensie oder Blauregen sind übrigens dekorative Pflanzen, die beispielsweise auf Pergolas vorkommen.

Integrative Planungsaufgabe
Logischerweise können sich solche Pflanzen nur bei ausreichender Wasser- und Nährstoffversorgung entwickeln. Die Fassade ist laut Florian Krauss, Geschäftsführer der Greenpass GmbH, ein Extremstandort: „Wegen des limitierten Speichervolumens wäre es besser, einen Bodenanschluss zu finden.“ Das von ihm im Team gegründete Unternehmen hat sich mit Tools zur Abschätzung der Wirkung von urbanen Begrünungsmaßnahmen einen Namen gemacht. Sommerliche Temperaturen das eine oder andere Grad herunterzuplanen hat man sich bei Greenpass zur Aufgabe gemacht. Dafür wurde eine spezielle Software entwickelt, damit können Grünmaßnahmen optimiert werden. Dass Landschaftsplanung bei den Bauprojekten mittlerweile auch einen anderen Stellenwert bekommen hat, kann Krauss bestätigen: „Die wird nicht mehr einfach nachgereiht, sondern integrativ bearbeitet.“ Einen zusätzlichen Vorteil sieht er darin, dass die spätere Nutzung von Grün­flächen frühzeitig mit abgeklärt wird.
Planerinnen oder Planer wären laut Krauss technisch, aber auch rechtlich in der Abschätzung der Kosten sowieso gut aufgestellt. Mit seiner Wirkungsabschätzung der Grünplanung käme dann noch eine Art Rückmeldung in Sachen Klimaresilienz dazu. „Wir sehen stark, dass der Baum im Sinne der Kühlung im urbanen Umfeld schwer zu ersetzen ist“, berichtet Krauss von bisher begleiteten Bauprojekten. Darum wäre es aus seiner Sicht auch gut, wo es möglich ist, auch Dachflächen mit Bäumen auszustatten.
Bei einem anderen heimischen Start-up namens Shadowmap wird die Sonnen­einstrahlung beim konkreten Projekt am Stand­ort übers Jahr modellhaft visualisiert. Ein wieder anderes namens ­PlaceQu weist hingegen mittels Scorings aus, wo es einen möglichen Grünmangel für den Mikrostand­ort eines Projekts gibt oder wie gut ein öffent­licher Grünzugang erreichbar ist.

Einige Voraussetzungen
Ist der Bedarf an Gebäudegrün einmal geklärt, bleiben die Umsetzungsfragen. Bezüglich Begrünungen am Flachdach hat die Stadt Wien einen Leitfaden erarbeitet, ebenso gibt es eine Checkliste für die Bewilligung von Fassadenbegrünungen. Dort lässt sich feststellen, dass bis zu acht behördliche Konsultationen bei unterschied­lichen Stellen vorgesehen sind. Falls ein Bauansuchen notwendig sein sollte, sind Statik und Brandschutz weitere Themen. Wenn sich das Grün nämlich auswächst, muss sichergestellt sein, dass es immer noch oben bleibt. Was die Feuergefahr betrifft, kann ein mögliches Übergreifen aufs Gebäude Thema sein. Abstände zu Wandöffnungen oder Schutzbleche machen Gewächse diesbezüglich wiederum unbe­denklich.
Diese Themen zu klären und Orientierung für die Planer zu geben hat sich die Kompetenzstelle GRÜNSTATTGRAU als Ziel gesetzt. Als erste Norm im europäischen Raum für Fassadenbegrünung kann laut ihr die ÖNORM L1136 (2021) für begrünte Fassaden gelten, die umfassende Informationen zu bau-, vegetationstechnischen und botanischen Anforderungen, zur Anwendung von Baustoffen und Pflanzen sowie zu Planung, Errichtung, Pflege und Wartung begrünter Fassaden bietet. Außerdem sind Mindeststandards für eine Vertikalbegrünung im Außenraum zu entnehmen. Die Norm findet auch auf die Begrünung von Pergolen, Trockensteinmauern und frei tragen­den Konstruktionen Anwendung.

In die Umsetzung gehen
Betreffend die Oberflächen der Gebäudehülle gibt es auch Hinweise von den GRÜNSTATTGRAU-Profis. Zu dunkel oder reflektierend, so heißt es, soll das Material an der Grünfassade lieber nicht sein. Außer­dem empfiehlt man, bei Wärmedämmverbundsystemen keine Selbstkletterpflanzen zu verwenden, sondern welche mit Rankhilfe. Eine Direktbegrünung mit Efeu oder wildem Wein ist also nur bei ungedämmten Gründerzeitbauten gut machbar. Eine mit dem ÖGUT-Umweltpreis ausgezeichnete Sanierung in der Wiener Marktgasse zeigt dafür, was alles bei einem Altbau möglich ist, der keine Strukturfassade hat. Sowohl Vorder- als Rückseite wurden üppig begrünt sowie auch Innenhof, Dach­terrassen und Balkone. Sogar die Feuer­mauern bekamen Trogsysteme eingebaut. In Wien-Favoriten versucht man derzeit mittels Sonderförderungen unter dem Motto „50 grüne Häuser“ mehr Breitenwirkung zu erzielen. Im dortigen Kretaviertel hat man bereits begonnen, straßenseitige Fassaden über Tröge zu begrünen. Die Basis dafür liefert das sogenannte Berta­-Modul, ein kombiniertes Trog-, Bewässerungs- und Ranksystem. Unter diesem Namen bieten Projektpartner auch Beratung, Planung und Kofinanzierung als One-Stop-Shop. Das soll die Umsetzung der Grünmaßnahmen erleichtern und die Ver­breitung anregen. 

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