„Oh, ein Dachbodenausbau!“ – mit zynischen Kommentaren begrüßten architekturaffine Beobachter in den Social-Media-Foren das 2015 gekürte Siegerprojekt des Architekturwettbewerbs für das Wien Museum Neu. Für die Jury war es jedoch ein ebenso naheliegender wie bestechender Gedanke für den Umgang mit dem vom österreichischen Architekten Oswald Haerdtl geplanten, 1959 eröffneten Pavillon am Karlsplatz: Die Erweiterung für das Museum kommt aufs Dach. Die Idee sei einfach und einprägsam – und in diesem Fall überzeugend gelöst, lautete das Urteil. Als Bild ausgedrückt könne man von einem Deckel sprechen, der auf eine bestehende Truhe gesetzt wird.
Für die Sanierung und Erweiterung des unter Denkmalschutz stehenden Baus wurden 274 Entwürfe aus 26 Ländern eingereicht, 14 davon kamen in die zweite Runde. Gewonnen hatten den Wettbewerb die Architekten Roland Winkler und Klaudia Ruck aus Klagenfurt sowie Ferdinand Certov aus Graz. Ihren Vorschlag, den Haerdtl-Bau als Sockel zu betrachten, auf den zwei Geschoße – ein geschlossener Baukörper, voneinander getrennt durch ein transparentes Fugengeschoß – gesetzt werden, würdigte die Jury als große kompositorische Geste.
Dieses „schwebende Geschoß“ war für die Planer die größte Herausforderung. Bereits das bestehende Gebäude ist über Bohrpfähle auf eine Zehn-Meter-Aufschüttung des alten Wienflusses im Boden verankert. Nun ruht das Museum auf rund 90 Bohrpfählen, bis zu 40 Meter tief und vier Meter dick. Sie stellen teilweise das Fundament der statisch entkoppelten Hängekonstruktion dar: Das gesamte Schwebe-
geschoß ist an vier Stahlbändern aufgehängt, die an einer in der Innenhofhalle stehenden, in den Boden geleiteten Stahlbetonkonstruktion gelagert werden. Dieses eigenständige, 40 Meter lange Tragwerk berührt nicht den Bestand und das Erweiterungsgeschoß ist stützenfrei.