Sie waren einst die Superstars der Architektur: unbegrenzte räumliche Möglichkeiten, wirtschaftlich, schnell errichtet, und sie brachten mit ihren Vorhangfassaden einen neuen Stil, der die Zukunft verkörperte. Wer etwas auf sich hielt, begehrte ein Büro in einem solchen Skelettbau, der mit seiner Rasterung und Transparenz eine ganze Generation begeisterte. Es gab aber schon Zeiten, in denen man die im Eilzugstempo aufgestellte und damals revolutionäre Nachkriegsarchitektur der 1950er, 1960er und 1970er Jahre gar nicht mehr goutierte. In den Augen vieler stellten sie teilweise einen Schandfleck dar, den man am besten wieder korrigieren sollte. Jedoch kam es wieder anders, als man dachte, die Zeit überrollte die Kritiker und der Platz wurde einfach gebraucht.
Die Vorläufer
Besonders in Wien ist vielerorts zu beobachten, dass Gebäude aus dieser Zeit gern nachgenutzt werden, in der Mehrzahl wohl als Hotel, weil sich die Rasterung in der Bauweise geradezu als prädestiniert für die Unterteilung in einzelne Kompartments herausstellte. Das vermeintlich aus ästhetischer und funktionaler Sicht Verpönte wird jetzt als schick und hipp empfunden, einhergehend mit einer gewissen Leichtigkeit, mit der man heute Architekturprojekte betrachtet. Doch es gab auch die Zeiten, in denen man stolz war auf den Baustil der Fünfziger, der elegant, solide und seiner Zeit voraus war. Oft inspiriert von Ludwig Mies van der Rohe – große Verglasungen, Offenheit und vor allem ein hoher Grad an Flexibilität. Eines der schillerndsten Beispiele dieser nachgenutzten Hotel-Gattung ist die Cité Radieuse von Le Corbusier in Marseille. Das zwischen 1947 und 1951 errichtete Gebäude erinnert an einen gestrandeten Passagierdampfer und befindet sich heute auf der Liste des UNESCO Welterbes. Ursprünglich der Versuch eines neuen Wohnsystems mit insgesamt 337 Wohnungen, teilweise in Maisonette-Form mit 23 verschiedenen Grundtypen und
einer Reihe gemeinschaftlich zu nutzender Zonen wie Geschäfte, Schule und Turnhalle sowie Freilufttheater, wohnen auch heute passionierte Anhänger dieses Systems vor Ort. Ein Teil wurde in Form eines kleinen Hotels namens Hotel le Corbusier jedoch dem Tourismus geöffnet. Das Konzept des Vorläufers der legendären Plattenbauten wurde in drei weiteren französischen Städten und in Berlin kopiert. Der originale Betonskelettbau wurde bereits 1986 unter Denkmalschutz gestellt.