Leben ist Veränderung. Architektur und Baukultur sind in diesem ständigen Prozess Aktivitäten der Bewahrung. Die schönsten Ergebnisse dieser Zeichensetzung zählen in Form von Schlössern, Kathedralen und Bauwerken bei heiligen Stätten zum Weltkulturerbe. In Österreich gilt dafür zumeist der Denkmalschutz. Das Neue Europäische Bauhaus schreibt eine Charta der lebenswerten und kostenbewussten Langlebigkeit. Die Zeit der folgenschweren Kompromisse ist vorbei. Bodenverbrauch und Versiegelung sind sensibel zu betrachten und im Planungsansatz ist bereits eine Identifikation und Begeisterung aller Beteiligten anzustreben. Für den Innsbrucker Architekten Daniel Fügenschuh, Vorsitzender der Bundessektion Architekten, ist das Neue Europäische Bauhaus hoch willkommen. Es sorgt für mehr Augenmerk auf die Lebenszykluskosten, also eine neue Wahrhaftigkeit am Bau.
Architekt Fügenschuh: „Mit der im NEB und im Green Deal forcierten kreislaufwirtschaftlichen Herangehensweise wird man sogenannte billige Lösungen neu überdenken müssen. Diese verursachen im Lebenszyklus betrachtet meist wesentlich höhere Kosten, daher ist nachhaltiges, inklusives und ästhetisches Bauen sogar sehr gut unter einen Hut zu bringen.“ Die Bauhaus-Initiative fordert und fördert eine neue Ganzheitlichkeit im Planungs- und Baugeschehen. Eine durchgängige Sensibilität, die schon bei der Wahl der natürlichen Baustoffe an Recyclingfähigkeit, an den CO2-Rucksack, an die Ästhetik, Faszination und Funktionalität denken muss. Früher oder später wird es für Bauwerke Labels geben, wie wir sie von Kühlschränken kennen, die all die in der EU-Initiative geforderten Belange ausweisen. Was schon heute zu einem verstärkten Einsatz von lokalem, also österreichischem Naturstein führt. Es hat sich gezeigt: Ein Boden für Jahrhunderte ist immer die günstigste Lösung. Generationengerechtigkeit bedenkt auch das. Architekt Fügenschuh fordert deshalb eine offene und qualitätsorientierte Vergabe von Planungsleistungen und ein verpflichtendes Bestbieterprinzip. Funktionalität und Langlebigkeit bei höchsten ökologischen Kriterien sind Faktoren der Bauhaus-Baukultur.
Prämissen, die für den Salzburger Architekten Heinz Kunrath bei der Freiraumplanung des Luxushotels Schloss Fuschl in Hof bei Salzburg auch vor Jahren schon in der Logik des Projekts lagen. Beim ehemaligen Jagdschloss mit höchst wechselhafter Geschichte seit der Errichtung 1461 vertraute er bei den Natursteinarbeiten auf die Poschacher Natursteinwerke in Langenstein. Die gestalterische Hauptaufgabe bestand darin, die vorgegebene Formenvielfalt aus historischen Gebäuden und Neubauten in einen harmonischen Gesamtzusammenhang zu bringen. Als Bindeglied zwischen den Baukörpern, Plätzen, Wegen und den umliegenden Parkanlagen dienen verschiedene Natursteine. Für den mit den Baumaßnahmen betrauten Architekten Johannes Wegmann galt es, Naturstein anzuwenden, wie er in der Salzburger Architekturtradition steht, und gleichzeitig die technischen Anforderungen an moderne Baukonstruktionen zu berücksichtigen. Die Außenanlagen sind geprägt von Granitpflasterungen und Wegen aus massiven Blockstufen, die das Hauptgebäude mit den tiefer gelegenen Nebengebäuden am Seeufer verbinden. Der unmittelbare Naturbezug des Jagdschlosses spielte bei der Wahl der Baustoffe eine große Rolle. Aus denkmalpflegerischen und ökologischen Gründen wurden einheimische Materialien bevorzugt. Zur Gestaltung der Außenbereiche, Plätze und Wege dienen österreichische Granite der Natursteinwerke Poschacher in spaltrauer und sandgestrahlter Bearbeitung. Abdeckungen, Pflasterungen, Terrassen- und Wegplatten sowie massive Blockstufen sind aus Herschenberger, Neuhauser sowie Gebhartser Granit gefertigt. Als Ergebnis: Gediegenheit und Funktionalität für das Luxushotel auch im Außenbereich, also beim ersten Eindruck für den Gast.
Ein zweites Beispiel für Langlebigkeit und Schönheit bietet die von den Linzer Team M-Architekten geplante „Oriental World“ und deren Hamam in der Therme Geinberg in Öberösterreich (beide Projekte wurden im Jahresheft Pronaturstein 2015 veröffentlicht). Vor zehn Jahren vom Steinmetzbetrieb Caso Sasso aus Pucking umgesetzt, zeigt ein Lokalaugenschein, was Langlebigkeit und Ästhetik im täglich strapazierten Wellnessbereich bringen.
Ein Investment, das Betreibern und Nutzern über Jahrzehnte Freude macht. Für Caso Sasso zugleich ein weltweit wirkendes Vorzeigeprojekt österreichischer Steinmetzkunst. Die Verbindung von hochwertigem, wundervoll gezeichnetem Naturstein und traditionellen Riten schafft im Hamam in der Therme Geinberg ein Refugium der Erholung und Entspannung und lässt den Alltag vergessen. In Zeiten eingeschränkter Reisemöglichkeiten umso wichtiger.
Zwei Beispiele dafür, dass das Neue Europäische Bauhaus in Bauwerken hohen Anspruchs natürlich längst antizipiert worden ist. Das Beste in Form hochwertiger Baukultur: schön und gut.
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