Die Architektur begleitete ihn bis zu seinem letzten Atemzug: Der wortgewaltige Journalist, Architekturkritiker, Ausstellungsmacher und Professor an der Universität für Angewandte Kunst Jan Tabor starb Ende Oktober während seines Aufenthalts in Venedig, um die diesjährige Architektur-Biennale zu besuchen.
Einst nach dem Scheitern des Prager Frühlings nach Wien gekommen, um hier seine Studien der Architektur, der Raumplanung und Grünraumgestaltung an der TU Wien und der Universität für Bodenkultur fortzusetzen, blieb er zeitlebens mit der eng mit Österreich verwobenen tschechisch-slowakischen Kultur verbunden. Ausdruck fand dies in zahlreichen Projekten wie der Kunstkolchose Mikulovice bei Znaim oder der für ORTE kuratierten Reihe „Symposium unterwegs“ sowie durch seine Lehrtätigkeit an der Akademie der Bildenden Künste in seiner Geburtsstadt Bratislava.
Über den Tellerrand zu schauen und Grenzen zu überschreiten, war seine Leidenschaft. So arbeitete er gemeinsam mit seinen Studenten an Urbo Kune, der Hauptstadt der Vereinigten Staaten Europas. Auch in der österreichischen Medienszene hinterlässt er seinen einzigartigen Fußabdruck. Jahrelang nahm er sich als profunder Kenner mit beinahe enzyklopädischem Wissen und als äußerst belesener, vielseitiger und vor allem offener Zeitgenosse in überregionalen Medien wie Kurier, Falter, aber auch Süddeutsche Zeitung kein Blatt vor den Mund, um zu brennenden Themen in der Architektur Stellung zu beziehen. Kaum jemand schaffte es, Menschen so für Baukultur zu begeistern wie er, unter anderem auf seinen beliebten unzähligen und erfrischenden Exkursionen, die vielen in liebevoller Erinnerung bleiben werden.