366 Naturstein

Alte Werte neu entdeckt

© Alle Fotos: Richard Watzke
Rustikal: Arbeitsplatte und Spülbecken aus einem einheitlichen Hartgestein
© Alle Fotos: Richard Watzke

Innovation ist ein Zauberwort. Mit einer Innovation lässt sich alles lösen. Der Ruf danach ist leicht, die Umsetzung eher zäh, denn die Abkehr liebgewonnener Gewohnheiten ist meist mit Kosten verbunden. Und doch kommt kein Gewerk am Bau darum herum. Am Beispiel Naturstein zeigt sich, dass die Neuerung manchmal darin besteht, sich auf alte Werte und Tugenden zu besinnen.

Energieeffizienz, graue Energie, Kreislaufwirtschaft. Im Bausektor ist alles im Wandel, das Umdenken beschäftigt Planer und Ausführende gleichermaßen. Wenn sich diesen April in München die Tore der Leitmesse BAU 2023 öffnen, erwartet die Besucher ein Rahmenprogramm rund um die im besten Wortsinn brennendsten Herausforderungen der Bauwirtschaft. Zentrales Thema sind der Klimawandel, seine Ursachen und Lösungsansätze. Für die Akteure in der Baubranche ist der Klimawandel besonders bedeutsam, weil die Errichtung und der Betrieb der Gebäude stark dazu beitragen. Noch verbraucht die Baubranche so viel Ressourcen wie kein anderer Industrie­sektor: 40 Prozent aller CO2-Emissionen in Euro­pa gehen auf ihr Konto, ebenso ein Drittel des Abfallaufkommens. Die Kreislaufwirtschaft, oder Circular Economy, gilt daher als unverzichtbarer Teil im Kampf gegen den Klimawandel und beeinflusst auch die Wohntrends der Zukunft.
Für Neubauten gelten mittlerweile strenge Richtlinien. Doch auch bei Altbeständen muss versucht werden, bestehende Bauteile möglichst zu erhalten und nicht wie gewohnt automatisch mit neuwertigen Bau­stoffen neu zu errichten. Dafür sind ökologisch wertvolle, nachhaltige Baustoffe notwendig, zu denen anerkanntermaßen auch Naturstein gehört.

Den Materialkreislauf fördern
Damit Bausubstanz schadlos in den Energie­-­ und Materialkreislauf zurückkehren kann, sind drei Schritte entscheidend. Zunächst gilt es, die beim Errichten und Rückbauen anfallende Menge an Energie und Abfall zu verringern. Im Fall von Naturstein bedeutet das, dass bereits im Steinbruch nur wenig Energie erforderlich ist, um die Rohblöcke mit Diamantwerkzeugen schonend aus dem Fels zu schneiden. Moderne Steinbrüche verwerten das anfallende Rohmaterial vollständig. Für die Produktion von Fassadenplatten, Bodenbelägen, Küchen und Bädern wird die sogenannte gesunde, also kompakte Blockware genutzt. Das übri­ge Material gelangt in den Garten- und Landschaftsbau oder in den Wasserbau, wird zu Schotter oder Split verarbeitet oder als feiner Zuschlag für Putze und sogar Zahnpasta genutzt. Bei der Weiterverarbeitung in Natursteinwerken ist ebenfalls vergleichsweise wenig Energie erfor­derlich, um die Blöcke in dünnere Platten und diese schließlich in Werkstücke wie Küchen oder Waschtische aufzuteilen. Computergesteuerte Steinsägen haben Anschluss­werte von rund 20 Kilowatt. Dank effizienter Maschinen und Motoren mit hohem Wirkungsgrad hat ein mittelgroßes Natursteinwerk eine Vorhalteleistung von durchschnittlich 55 kW Spitze. Durch die hauseigene Photovoltaik auf dem Hallendach kann ein solches Werk bei guter Witte­rung energieautark arbeiten und den Überschuss sogar ins öffentliche Netz einspeisen.

Urban Mining hat Zukunft
Die Idee des Urban Mining verfolgt den Ansatz der Stadt als wertvolles Material­lager. Für einen hohen Wirkungsgrad muss die Materialtrennung von Anfang an mitgedacht werden. Im Fokus steht also nicht, wie ein Bauteil möglichst billig zusammengefügt wird, sondern wie es abschließend wieder in seine Bestandteile zu trennen ist. Werden Mauersteine, Stufen oder Wandbekleidungen beim Rückbau als Ganzes geborgen und an anderer Stelle wieder eingebaut, spart das wertvolle Energie und vermeidet Abfall. Wie es geht, machten uns bereits die Baumeister der Renaissance und des Barock vor. Um den Transportaufwand des schweren Rohmaterials niedrig zu halten, wurden Steine entweder direkt in der Region oder aus bestehender Bausubstanz vor Ort gewonnen. Das Kolosseum ist nur eines von vielen Beispielen. Beim Naturstein funktioniert dieser Zyklus auch heute noch: Im Gegensatz zu einer Fassade mit Wärmedämm­verbundsystem können die Platten einer vorgehängten Steinfassade sehr wohl demontiert und an anderer Stelle weiter­verwendet werden.

Lange Nutzungsdauer
Am umweltfreundlichsten ist ein Bauteil, wenn es nicht nur wenig Energie bei der Entstehung und im Gebrauch erfordert, sondern auch langlebig und problemlos reparier­bar ist. Eine Küche oder ein Bad sind Investitionen für Jahrzehnte. Möglichst robust und auf lange Zeit attraktiv müssen die Komponenten daher sein. Gegenüber einer produktionsbedingt sehr energieintensiven Küchenplatte aus Quarzwerkstoff oder Keramik bewähren sich Platten aus Granit, Quarzit oder anderen Hartgesteinen nicht nur in ihrer Energiebilanz, sondern auch in puncto Unterhalt. Anders als bei Kunststeinen lassen sich Schadstellen in einer Steinplatte nachträglich reparieren.

Regional schont die Umwelt
Neben den technischen und optischen Vortei­len rücken Natursteine auch aufgrund ihrer ökologischen Vorzüge immer stärker ins Bewusstsein von Gestaltern und Planern. Besonders umweltfreundlich ist die Verwendung regionaler Gesteine mit kurzen Transportwegen zwischen Steinbruch, Natursteinwerk und Baustelle. Neben der vorteilhaften CO2-Bilanz punkten regionale Steine auch durch die gute Erreichbarkeit der Abbaustelle und die Möglichkeit, noch lange nach Abschluss des Bauprojekts farblich passende Nachlieferungen zu erhalten. Bei Bedarf kann sich der Auftraggeber vor Ort die zum ursprünglich verbauten Material passenden Steine aussuchen. Bei Lieferungen aus Fernost sind immer Schwan­kungen in Farbe und Textur zu erwarten – sofern der Steinbruch überhaupt langfristig aktiv ist. Welcher Stein am Ende auch verwendet wird: Stets ist er viele Millionen Jahre alt und in vielen zukunftsweisenden, nachhaltigen Bauprojekten anzutreffen. Die Natur war eben schon immer innovativ. 

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