Weltweit werden Städte richtiggehend „aufgeforstet“. Ob dem italienischen Architekten Stefano Boeri, der mit dem Bosco Verticale in Mailand einen neuen Maßstab im Wohnbau setzte, klar war, dass seine Idee so zukunftsweisend sein würde? Im ersten Moment sicher nicht. Schön anzuschauen ist es ja, wenn alles grünt und blüht wie ein kleiner Mikrokosmos inmitten einer zubetonierten Landschaft, die sich vor Hitze kaum noch retten kann. Aber es bleibt trotzdem die vorsichtige Frage, ob das wirklich effizient ist und dem Stadtklima tatsächlich etwas bringt oder einfach nur ein Versuch ist, mit einer neuen, ästhetischen Gestaltungsvariante von vertikalen Flächen optisch mehr Grün und damit mehr Frische in die Stadt zu bringen. Grund genug, sozusagen einmal „hinter die Fassade“ zu schauen.
Bewusst besser bauen
Australien ist ein vom Klimawandel besonders stark betroffener Kontinent. Überschwemmungen und Brände stehen an der Tagesordnung – höchste Zeit, die Reißleine zu ziehen. Einer, der nun auch in Sachen Architektur aktiv wird, ist der Softwareriese Atlassian, der gemeinsam mit dem New Yorker Büro SHoP das höchste Holzhochhaus der Welt plant. Auf 40 Stockwerken spielt die Ökologie die erste Geige, gar nicht so sehr die Höhe. Statt Beton und Stahl kommt hier Sperrholz von Nadelgehölzen zum Einsatz, die derzeit noch bestehenden Bauten vor Ort werden in den Neubau integriert und so recycelt. Ganz ohne Stahl und Beton geht es freilich nicht – der Brandschutz muss gemeistert werden. Dafür wird der Turm in ein Exoskelett gewickelt. Hinter dieser gitterartigen Struktur schlängeln sich kleine Gärten an der Fassade empor, gekrönt von einem richtigen Park mit Wiesen, Bäumen und Sträuchern auf dem Dach. Gemeinsam mit der Gewinnung von Strom aus Sonnenkraft sollen diese Maßnahmen dazu führen, 50 Prozent weniger Energie zu verbrauchen und 50 Prozent weniger Kohlenstoff in seiner Konstruktion zu enthalten als massiv gebaute Gebäude.